Telefónica vernetzt das Auto mit der Versicherung

Düsseldorf (dpa) - Fahrzeuge erfassen immer mehr Daten. Diese sollen künftig zur Basis von neuen Tarifmodellen für die Versicherung werden. Solche Ideen machen Datenschützern Sorgen.

Der Mobilfunkbetreiber Telefónica will in Deutschland bis Ende des Jahres eine Technik einführen, die das Fahrverhalten von Autofahrern erfasst und so flexiblere Versicherungstarife ermöglichen soll. Nach dem Start in Spanien mit der Versicherungsgruppe Generali würden nun Gespräche mit mehreren Versicherern in Deutschland geführt, sagte Markus Haas, Strategie-Vorstand von Telefónica Deutschland. Auch andere Mobilfunkanbieter wie Vodafone arbeiten an derartigen Lösungen unter dem Schlagwort Maschine-zu-Maschine-Kommunikation (M2M).

Im Zentrum des Systems mit der Bezeichnung Telefónica Insurance Telematic steht ein Modul, das ins Auto eingebaut wird und Informationen zu Geschwindigkeitsüberschreitungen, Bremsverhalten oder Nachtfahrten erfasst. Diese Daten werden über Mobilfunk an die Versicherungsgesellschaft übertragen. Sie lassen sich dann in Form von Punkten auswerten und würden auf unterschiedliche Weise für die Berechnung der Versicherungsprämie herangezogen werden. „So können Risikogruppen besser eintarifiert werden“, sagte Haas. Umgekehrt ist es auch denkbar, dass positive Punkte gesammelt werden, um die Höhe der Versicherungsprämie zu reduzieren. Dies wird auch als „Pay as you Drive“ bezeichnet.

Wann das System in Deutschland eingeführt wird, steht noch nicht fest. Er gehe aber davon aus, dass es bis Ende des Jahres erste Angebote geben werde, sagte Haas am Rande der „Handelsblatt“-Jahrestagung TK Europa in Düsseldorf, wo Telefónica die Technik vorstellte.

Auf die Frage nach dem Datenschutz sagte der Telefónica-Manager: „Das ist ein sehr transparenter Prozess.“ Der Kunde müsse jedem Schritt ausdrücklich zustimmen. Eine Erfassung von Bewegungsprofilen sei ausgeschlossen. Das Telefónica-System sieht auch eine Smartphone-App vor, die den Versicherten die aktuelle Auswertung ihres Fahrverhaltens anzeigt.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar sagte, er sehe solche Modelle sehr kritisch. „Wer einen derartigen Tarif wählt, muss sich darauf einlassen, dass eine Vielzahl von Daten erhoben, gespeichert und ausgewertet wird.“ Dabei könnten zurückgelegte Strecken, die gefahrene Geschwindigkeit und mögliches Fehlverhalten des Fahrers lückenlos rekonstruiert werden. „Im Grunde handelt es sich dabei um eine "freiwillige" Vorratsdatenspeicherung des Kfz-Halters.“ Je nach Prämiengestaltung könnte die Freiwilligkeit, so befürchtet Schaar, künftig zu einem „ökonomischen Zwang“ werden - „hier sollte der Gesetzgeber einen Riegel vorschieben“.

Besonders problematisch wird es nach Einschätzung Schaars, wenn ein Auto von mehreren Nutzern benutzt wird. „Dann könnte der Halter (Versicherungsnehmer) die anderen Fahrer kontrollieren und die zurückgelegten Strecken genau rekonstruieren.“ Mit der Smartphone-App könnte etwa der Arbeitgeber detailliert und aktuell den Aufenthaltsort von Außendienstmitarbeitern überwachen.

Die M2M-Technik beschränkt sich nicht auf das Autofahren. Bis 2020 erwartet die Branche weltweit 50 Milliarden Geräte, die über das Internet-Protokoll (IP) miteinander vernetzt sind. „Wir gehen davon aus, dass es da industrieübergreifend viele weitere Initiativen geben wird“, sagte Haas. Der schwedische Netztechnik-Hersteller Ericsson nannte auf der Fachmesse Mobile World Congress in Barcelona zu Beginn des Jahres unter anderem Industriemaschinen, Verkaufsautomaten am Bahnsteig und medizinische Geräte. Neben dem vernetzten Auto und dem intelligenten Energienetz sind Transport und Logistik zwei Branchen, die die Deutsche Telekom nach Angaben einer Sprecherin bei der Entwicklung von M2M-Lösungen im Blick hat.