Reifen aufpumpen ist nicht alles - Vorsicht bei der Fahrradwartung
Berlin (dpa/tmn) - Viele Radler halten ihr Velo selbst in Schuss. Doch auch wenn eigentlich alles ganz einfach aussieht, haben Wartung und Reparatur eines Fahrrads so ihre Tücken. Die sollten Bastler kennen - und von einigen Arbeiten besser die Finger lassen.
Ob zu wenig Luft im Reifen ist, sieht auch jemand, der von Fahrradreparatur kaum eine Ahnung hat. Gleiches gilt für abgenutzte Gummiauflagen auf den Pedalen, die dazu führen können, dass die Füße beim Bremsen abrutschen. Schon schwerer tut sich der Laie damit, Verschleiß an den Bremszügen oder durchgebremste Felgen zu erkennen. Wer solche Mängel übersieht, kann beim Versuch einer Vollbremsung die Kontrolle über das Zweirad verlieren und stürzen.
Rund jeder fünfte Fahrradbesitzer bringt sein Rad nicht in die Werkstatt, sondern vertraut auf die eigenen handwerklichen Fähigkeiten, schätzt Bettina Cibulski vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC). Sie rät allerdings: Wenn jemand unsicher ist, sollte er die Reparatur lieber einem Fachmann überlassen. Das gelte auch bei Arbeiten, für die Spezialwerkzeug benötigt wird.
Ähnlich sieht das Andreas Götz vom Bund Deutscher Radfahrer: „Da am Fahrrad alle Teile sicherheitsrelevant sind, sollten Laien ohne Vorerfahrung keine Reparaturen am Rad vornehmen.“ Der Weg zum Händler sei meist effektiver, dort gebe es auch gleich passende Ersatzteile. „Nur ein erfahrener Mechaniker kann erkennen, ob eine Felge bald reißen wird, ob die Kette noch hält, oder warum das Licht nicht geht.“
Fahrräder seien in den vergangenen Jahren viel besser, aber damit auch komplexer geworden, sagt Gunnar Fehlau vom Pressedienst Fahrrad (pd-f). „Richtigen Laien würde ich nur empfehlen, die Kette zu ölen und die Luft aufzupumpen.“ Neben Schrauberwissen seien meist auch spezielle Werkzeuge für die Reparatur nötig. „Ohne einen präzisen Drehmomentschlüssel geht zum Beispiel bei modernen Rädern nichts.“
Die wichtigsten Prüfstellen bei der Wartung sind Fehlau zufolge Räder, Bremsen, Licht und Schaltung. Die Bremsen müssen gut greifen, Felgenflanken und Bremsscheiben ausreichend dick sein. Bei der Lichtanlage können die Kabel brüchig und die Lampengläser trüb werden oder die Kontakte oxidieren. Die Gänge der Schaltung müssen sauber einrasten, die Kette sollte geschmeidig laufen. Außerdem sollte nichts klappern, Rost oder Schmutz sind ebenfalls schlecht.
Für technikaffine Radler haben die Fahrrad-Experten Cibulski, Götz und Fehlau Tipps für die systematische Wartung. Nach gründlicher Reinigung steht erst einmal die Suche nach Rissen, Verformungen oder anderen Auffälligkeiten am Fahrrad an. Danach am besten prüfen, ob alle Schrauben fest sitzen. Bei Bedarf wird vorsichtig nachgezogen. Anschließend die Beleuchtung testen: Sitzen die Stecker des Lichtkabels an den Leuchten und am Dynamo fest? Sind alle Reflektoren an ihrem Platz und intakt?
Der optimale Reifendruck steht auf der Reifenflanke. Ist er zu niedrig, erhöht das den Verschleiß des Materials. Oft vernachlässigt wird das seitliche Karkassengewebe. Die Karkasse ist das tragende Gerüst im Gummireifen. Werden die Reifen mit zu wenig Luftdruck gefahren, besteht die Gefahr, dass das Gewebe aufreißt. Wenn die Reifenflanke Längsrisse hat, ist Vorsicht geboten - dann droht der Reifen zu platzen.
Besonderes Augenmerk gilt der Kette. Sie muss von grobem Schmutz befreit und mit Kettenöl oder -fließfett von innen an den Laschen geschmiert werden. Am Antrieb verschleißen auch Ritzel und Kettenblätter. Ihr Austausch ist nur etwas für geübte Schrauber.
Den Zustand von Bremsbelägen können auch Laien beurteilen: Sind die Querrillen der Bremsklötze nicht mehr deutlich zu erkennen, müssen die Klötze erneuert werden. Eine durchgebremste Felge bleibt dagegen oft unbemerkt. Durch den Druck im Reifen kann sich eine verschlissene Felgenflanke so weit nach außen wölben, dass die Bremse schleift oder bricht.
Bremszüge gehören zu den besonders sensiblen Fahrradbauteilen. Werden die Bremsinnenzüge beim Einbauen nicht gut gefettet, können sie an der Außenhülle stark reiben. Dann nutzen sich die Drahtzüge schnell ab, können reißen - und die Bremse fällt plötzlich aus.
Außenhüllen und Seilzüge der Schaltung sollten wie die der Bremsen ohne Knicke und Beschädigungen verlaufen. Die Drehgriffe oder Schalthebel müssen sich leicht betätigen lassen.
Außerdem muss das Steuerlager in der Lenkgabel - auch Steuersatz genannt - einwandfrei funktionieren. Das lässt sich folgendermaßen testen: Die vordere Handbremse anziehen und das Rad vor und zurück bewegen. Wenn das Lager lose ist, ist ein deutliches Ruckeln im Lenker zu spüren. Dann sollte das Lager nachjustiert werden - am besten vom Profi.
Wer sich diese handwerklichen Arbeiten nicht komplett zutraut, kann in eine Selbsthilfewerkstatt fahren. Dort können Radler eigenständig an ihrem Fahrrad schrauben. Das nötige Werkzeug wird gestellt - und ein paar Tipps vom Fachpersonal gibt es in der Regel noch dazu, wenn Laien bei der Reparatur an die Grenzen ihrer Fähigkeiten geraten.