Fahrbericht BMW i8 Roadster im Test: Sonnenbaden ohne Schattenseiten
Berlin (dpa-infocom) - Elektromobilität ist längst nicht nur etwas für Spaßbremsen. Das beweist auch BMW mit seinem neuen Roadster i8.
Von 0 auf 100 im Tesla Model S in bestenfalls 2,7 Sekunden, ein Porsche Panamera Plug-in Hybrid mit einem Normverbrauch von 2,5 Litern und einem CO2-Ausstoß von 56 g/km oder ein Supersportwagen wie der Mercedes-AMG Project One, der etwa 20 Kilometer ohne Sprit schafft - längst haben die Luxushersteller bewiesen, dass Elektromobilität nicht nur etwas für Spaßbremsen ist. Doch BMW liefert in dieser Diskussion ein weiteres Argument.
Denn wenn die Bayern Mitte Mai zu Preisen ab 155 000 Euro den i8 auch als Roadster bringt, wird der Plug-in-Hybrid zum ersten Öko unter den sportlichen Open-Air-Modellen und stiehlt konventionellen Konkurrenten wie dem Porsche 911 oder dem Mercedes-AMG GT gar vollends die Schau.
17 000 Euro für den Platz an der Sonne
Vier Jahre nach dem Start des i8 hat BMW den Sportwagen auf die Sonnenbank geschickt und die Karbonkarosse nach oben geöffnet. Wer gegenüber dem Coupé 17 000 Euro mehr bezahlt, muss dann zwar auf die zwei ohnehin kaum brauchbaren Notsitze im Fond verzichten, bekommt dafür aber binnen 15 Sekunden einen Platz an der Sonne. So lange dauert es, bis sich das Stoffverdeck bis Tempo 50 während der Fahrt hinter die Sitze gelegt hat.
Und wer trotz des erweiterten Erfahrungshorizonts den Plätzen drei und vier nachtrauert, der kann sich mit weiteren 100 Litern Gepäckablage trösten, die den i8 Roadster trotz seines mit 88 Litern eher schmächtigen Kofferraums zu einem halbwegs alltagstauglichen Auto machen.
Ein Gewinn für alle Sinne
Das offene Dach lässt nicht nur mehr Luft und Licht herein, es ist ein Gewinn für alle Sinne. Zumindest, solange man halbwegs langsam unterwegs ist, sammeln die dabei ganz neue Eindrücke.
Denn wenn der i8 rein elektrisch und entsprechend leise unterwegs ist, fühlt man sich eher wie in einem Segelflieger als in einem Sportwagen - nur dass jemand vor dem Start die Kanzel abgenommen hat.
Bei leerem Akku hört der Spaß auf
Dumm nur, wenn man schneller fährt oder der Akku leer ist. Dann spürt man nicht nur den Wind in den Haaren und die Sonne auf der Haut. Statt des Sound of Silence hört man, wie sich trotz eines mühsam, aber erfolglos unterdrückten Schnatterns, der 1,5 Liter große und 170 kW/231 PS-starke Dreizylinder-Turbobenziner im Heck zu Wort meldet und die Illusion vom elektrischen Gleiter zunichte macht.
Spätestens da sind die Erinnerungen an den Tesla Roadster, mit dem vor 15 Jahren die Elektromobilität Fahrt aufgenommen hat, vorbei. Stattdessen wächst die Vorfreude auf das neue Modell, das Tesla-Chef Musk für 2020 angekündigt hat.
Gegen Tesla keine Chance
Der wird übrigens nicht nur effizienter und leiser als der BMW, sondern auch sportlicher. Schließlich soll er in weniger als drei Sekunden von 0 auf 100 km/h beschleunigen und ein Spitzentempo von weit über 300 km/h erreichen. Aber auch wenn man den i8 Roadster mit anderen Sportwagen seines Kalibers vergleicht, fällt das Urteil sehr geteilt aus.
Wenn es wie so oft nur darum geht, Aufmerksamkeit zu erregen, dann ist und bleibt der i8 die erste Wahl. Auch nach vier Jahren sieht er noch aus wie ein Bote aus einer fernen Zukunft, fängt alle Blicke und lässt Konkurrenten wie einen Porsche 911 oder einen Audi R8 wirken wie aus dem PS-Pleistozän. Doch wer auf Fahrspaß wert legt, muss beim i8 noch immer ein paar Einschränkungen machen.
Der Vorreiter reiht sich hinten ein
Selbst wenn Roadster und Coupé mit einem aktualisierten Antrieb starten, der E-Motor nun 105 kW/143 PS statt 96 kW/131 PS leistet, die Akku-Kapazität auf 11,6 kWh steigt und man nun im besten Fall ohne den Benziner im Mischbetrieb 105 statt 70 und im EV-Modus 120 km/h erreicht.
Doch spätestens nach 53 Kilometern ist der Reiz des ruhigen Rasens verflogen und der i8 muss sich als Teilzeit-Verbrenner bei einer Systemleistung von 275 kW/374 PS mit einem Sprintwert von 4,6 Sekunden und einem Spitzentempo von 250 km/h weit hinter den Sportwagen seiner Liga einreihen. Vom vergleichsweise entspannten Fahrwerk und einer Lenkung, die weit entfernt ist von der Präzision eines M3 ganz zu schweigen.
Fazit: Sonnenstunden mit gutem Gewissen
Ein spektakuläres Design, solide Fahrleistungen und der mit theoretischen 2,0 Litern (CO2-Ausstoß 46 g/km) sparsamste Antrieb im Segment. Anders als der Tesla Roadster von einst ist der i8 zwar kein reines Elektroauto - doch mit einem besseren Gewissen als in diesem BMW kann man die Sonne nur im offenen Smart genießen. Und wenn man den i8 mit diesem Konkurrenten vergleicht, wirkt er am Ende doch nicht wie ein Supersportwagen.
Datenblatt: BMW i8 Roadster
Alle Daten laut Hersteller, GDV, Schwacke