Citroën DS4: Avantgarde statt Allerlei
Berlin (dpa-infocom) - Kaum ein Fahrzeugsegment in Europa ist derart dicht besetzt wie die Kompaktklasse. Trotzdem bringt Citroën dort ein zweites Modell in Stellung: den extravaganten DS4.
Die Franzosen gehen mit dem C4 bereits seit einem Jahr Konkurrenten wie den VW Golf oder den Opel Astra an. Nun zielen sie mit dem neuen DS4 auf noblere Modelle: Mini Countryman, Audi A3 oder Alfa Romeo Giulietta heißen die Konkurrenten für den mindestens 20 700 Euro teuren Viertürer.
Extravagante Verpackung
Für den Aufstieg in die Oberliga hat Citroën den zweiten Spross der DS-Familie extravagant eingekleidet: Mit einer unkonventionellen Mischung aus Coupé, Limousine und Geländewagen wollen die Franzosen zur alten Avantgarde der originalen DS-Limousine zurückfinden und das gesichtslose Allerlei der Mitbewerber kontern. Dafür gibt es eine höhere Bodenfreiheit und ein robustes Design für den Karosseriekörper.
Das filigrane Dach ist geschwungen wie bei einem Coupé. Die Griffe der hinteren Türen sind so geschickt versteckt, dass man den Wagen tatsächlich für einen Zweitürer halten könnte. Zudem bekommt der DS4 markante Scheinwerfer mit LED-Bögen für das Tagfahrlicht, eine stark konturierte Motorhaube und ein breites, muskulöses Heck, das den sportlichen Charakter betonen soll.
Auch innen unkonventionell
Auch innen geht es eher unkonventionell zu. In den gehobenen Modellvarianten ist der Wagen beinahe schwülstig mit Lack und Leder ausgeschlagen. Generell folgen die Designer der Devise: Hauptsache anders. Die Abdeckung des Armaturenbretts erinnert an eine Sahara-Düne, die Beleuchtung des grafisch sehr ansprechenden Tachos wechselt auf Knopfdruck die Farben. Und wo sonst kann man eigene Warntöne komponieren? Das alles sind Spielereien, mit denen das Auto auf sich aufmerksam machen will.
Dagegen wäre auch nichts einzuwenden, wenn die Kerntugenden stimmen würden. Doch vor allem die Hinterbänkler müssen die Zeche für das unkonventionelle Konzept bezahlen: Sie haben wenig Kopffreiheit, müssen sich durch schmale Türen quetschen und können im Fond nicht einmal ein Fenster öffnen. Da ist die Panorama-Frontscheibe bis weit hinauf ins Dach nur ein schwacher Trost. In der ersten Reihe fühlt man sich im Citroen DS4 dagegen sehr gut aufgehoben. Man hat genügend Platz, sitzt etwas höher als in einem konventionellen Kompaktwagen und kann alle Schalter gut erreichen. Nur auf dem Lenkrad haben es die Ergonomie-Experten mit dem Bediensystem übertrieben.
Weniger auffällig als gedacht
Auf der ersten Testfahrt erweist sich der DS4 weit weniger auffällig, als sein Design vermuten lässt. Er ist nicht betont sportlich und auch keine französische Sänfte. Die Ingenieure haben ihn komfortabel abgestimmt und gut gedämmt. Das Sechsgang-Getriebe lässt sich sauber schalten und die Lenkung ist angenehm präzise. Dass man trotzdem Mühe beim Rangieren hat, liegt an der wenig übersichtlichen Karosserie. Nur gut, dass in den gehobenen Varianten Radarsensoren die Parklücke vermessen und dem Fahrer beim Rangieren helfen.
Das ist allerdings eines der wenigen Assistenzsysteme an Bord des DS4. Wo Konkurrenten bereits Abstandsradars nutzen und vor einer drohenden Kollision automatisch bremsen, müssen hier Helfer für Spurwechsel und -führung genügen. Und dass einem diese beim Überfahren einer Linie auf den Hintern klopfen, ist auch nicht wirklich angenehm. Technologische Avantgarde sieht anders aus.
Unter dem Blech ziemlich bieder
Das gilt auch für Motoren und Getriebe: Einen Hybridantrieb bekommt erst der große Bruder DS5 und die Automatik mit Doppelkupplung kommt frühestens in ein bis zwei Jahren. Bis dahin gibt es konventionelle Handschalter, ein halbautomatisches Getriebe und als einzigen Tribut an die Moderne eine Start-Stopp-Automatik für eine Motorvariante. Zur Wahl stehen drei Benziner und zwei Diesel. Da der DS4 bei einem Preisaufschlag von etwa 2000 Euro nicht nur mehr Luxus, sondern auch mehr Lust und mehr Leistung bieten will als der C4, decken sie eine Spanne von 82 kW/112 PS bis 147 kW/200 PS ab.
Stärkster Motor ist ein 1,6 Liter großer Turbo-Benziner. Der quirlige Kraftprotz mit dem kernigen Klang leistet 147 kW/200 PS und geht mit einem maximalen Drehmoment von 240 Newtonmetern kräftig zu Werke. Wer den kurzen Knüppel geschickt durch die enge Gasse des Getriebes führt, kommt deshalb in 7,9 Sekunden auf Tempo 100 und fährt mit maximal 235 km/h manchem VW Golf davon. Der Normverbrauch von 6,4 Litern (CO2-Ausstoß: 149 g/km) rückt dann aber in weite Ferne.
FAZIT: Eine gute Idee nicht zu Ende gedacht
Mit seinem unkonventionellen Design und dem eigenwilligen Innenraum gibt der DS4 den Charmeur auf dem Golf-Platz. Doch zu Ende gedacht ist die Idee nicht: Die Fondpassagiere werden nur bedingt Spaß haben. Und die Technik ist lange nicht so avantgardistisch wie das Design.