Autotest Mercedes G-Klasse: Der unendlichen G-schichte, nächster Teil
Berlin (dpa-infocom) - Der Land Rover Defender ist Geschichte und der Toyota Land Cruiser ein Schatten seiner selbst. Doch nicht alle SUV-Saurier sind vom Aussterben bedroht. Denn nach 39 Jahren bringt Mercedes jetzt tatsächlich noch einmal eine neue G-Klasse.
Die Mercedes G-Klasse ist zumindest ein Klassiker unter den Kraxlern, die sich gegen die Evolution stemmt. Sie geht nicht nur in die Verlängerung, sondern gleich in die nächste Runde. Äußerlich zumindest auf den ersten Blick nahezu unverändert und trotzdem bis zur letzten Schraube komplett neu konstruiert, kommt sie im Juni zu Preisen ab 107 041 Euro in den Handel.
Alte Form in neuem Format
Mercedes hat der Versuchung widerstanden, das Design zu modernisieren und hat den Vierkant aus Graz nur ganz dezent retuschiert. Doch während sich die Form nur marginal weiterentwickelt und es jetzt tatsächlich ein paar zarte Rundungen zwischen den vielen Ecken und Kanten gibt, wurde das Format der G-Klasse dramatisch verändert: Der G geht um fünf Zentimeter in die Länge, wird sechs Zentimeter breiter und ist innen vier Zentimeter höher.
Das gibt dem Auto nicht nur bessere Proportionen. Das neue Format schafft endlich ein bisschen Platz im Innenraum. Man kann jetzt auch ohne Schulterkontakt nebeneinander sitzen, und die Rückbank taugt mit ihrer in der Neigung verstellbaren Lehne jetzt auch für Erwachsene - zumal die Türausschnitte nach 39 Jahren so geändert wurden, dass man nun auch mit Schuhgröße 40 und ohne große Verrenkungen in den Fond klettern kann. Außerdem gibt es nicht nur einen riesigen Kofferraum, sondern endlich auch ein paar brauchbare Ablagen für die Kleinigkeiten einer großen Reise.
Ambiente wie in E- du S-Klasse
Die G-Klasse überrascht nicht nur mit einem neuen Zuschnitt, sondern auch mit einem neuen Ambiente. Genau wie die Limousinen aus Stuttgart bekommt sie nun ein digitales Widescreen-Cockpit und trägt links und rechts davon ein üppiges Ornat aus Chrom und Glanzlack, das eher zum Jetset passt als zum Abenteuer. Aber schließlich ist die G-Klasse nicht nur ein Expeditionsfahrzeug, sondern vor allem ein schillerndes Spielzeug der Reichen.
Einen kleinen Trost für Traditionalisten hat Mercedes schließlich in die Moderne gerettet: Wie eh und je prangen in der Mittelkonsole drei Schalter für die Sperren und vor dem Beifahrer der stabile Haltegriff.
Revolution auch beim Fahrwerk
Die Revolution geht unter dem Blech weiter mit einem völlig neuen Fahrwerk. Zum erstem Mal gibt es vorne eine Einzelradaufhängung, und die Hinterachse ist mit fünf Lenkern am Wagen befestigt. Zusammen mit dem größeren Radstand und der breiteren Spur sorgt das für ein in der G-Klasse bislang unerreichtes Maß an Fahrkomfort. Wo der alte G auch auf der Autobahn bockig und wirsch war wie ein Maultier auf einem Bergpfad, fährt der neue kommod und komfortabel wie ein normaler Pkw.
Nur wenn der Asphalt zu Ende ist, kommen die alten Tugenden wieder durch. Denn der Flirt mit dem Alltag erzwingt keine Kompromisse bei der Abenteuerlust, und die G-Klasse festigt ihren Ruf als ultimativer Geländewagen. Nicht umsonst sind Wattiefe und Bodenfreiheit, Böschungs- und Rampenwinkel sogar noch einmal größer geworden. Leiterrahmen, Getriebeuntersetzung und drei Sperren sind Standard. Und mit den elektronischen Fahrhilfen sowie der neuen Kameraüberwachung kommt selbst ein Laie problemlos bis ans Ende der Welt.
Unter der Haube regiert die Macht der Acht
Nur unter der Haube bleibt erst einmal alles beim Alten und Bewährten: Zwar soll es mittelfristig sogar eine elektrifizierte G-Klasse geben. Und natürlich sind auch wieder Diesel vorgesehen. Doch fürs Erste bietet Mercedes nur Motoren an, wie sie für die G-Klasse typisch sind: zwei wunderbar laute und unvernünftige Achtzylinder mit vier Litern Hubraum.
Schon der G500 leistet 310 kW/422 PS und bringt den Koloss zügig in Fahrt. Doch kein Motor passt besser zu dem modernisierten Urgetüm als das AMG-Triebwerk aus dem G 63. Mit 430 kW/585 PS und gewaltigen 850 Newtonmeter straft es die Trägheit der Masse Lügen und lässt selbst den robusten Riesen halbwegs handlich und agil wirken. Nicht umsonst beschleunigt er in 4,5 Sekunden von 0 auf 100 km/h und erreicht 240 km/h. Allerdings hat das Vergnügen seinen Preis: Beim Kauf verlangt der Händler rund 40 000 Euro mehr, und beim Tanken steigt der Verbrauch auf 13,1 Liter (CO2-Ausstoß: 299 g/km).
Fazit: Ganz die Alte, nur besser
Das Design kantig wie eh und je, innen endlich so komfortabel und luxuriös, wie es der stolze Preis erwarten lässt, im Gelände unschlagbar und auf der Straße ein modernes Auto - so hat Mercedes die G-Klasse geschickt in die Gegenwart geholt, ohne den Charakter zu verwässern. Denn auch die neu G-Klasse ist ganz die alte, nur besser.
Datenblatt: Mercedes-AMG G 63
Alle Daten laut Hersteller, GDV, Schwacke