Porsche Macan S Diesel: Sturm aufs Establishment
Berlin (dpa-infocom) - Porsche ist kein puristischer Sportwagenhersteller. Daran sollten sich die Fans mit Cayenne und Panamera gewöhnt haben. Wenn jetzt der Macan kommt, nähern sich die Schwaben dem Massengeschmack weiter an.
Doch auch der hat echte Porsche-Gene.
Ist es ein Verrat an der eigenen Idee oder die beste Versicherung für die Zukunft? Wie gut ein kompakter Geländewagen zum Sportwagenhersteller Porsche passt, darüber lässt sich streiten. Aber nur, bis man erstmals im neuen Macan Platz genommen hat. Der tritt vom 5. April an für 57 930 Euro aufwärts gegen Audi Q5 oder BMW X3 an. Es braucht nur zwei, drei Gasstöße und die ersten Kurven, dann spürt man die Gene von Elfer und Co., und man akzeptiert den Macan als echten Porsche. Dass die Absatzprognosen rosig sind, daran hegt ohnehin keiner Zweifel.
Mit der Familie eng verbandelt
Die Familienbande zu ihren Sportwagen haben die Schwaben geschickt geknüpft. Obwohl der Macan eigentlich auf dem Audi Q5 basiert, findet man fast keine Parallelen: Das Design ist völlig eigenständig. Es sieht viel sportlicher und schnittiger aus und lässt den Vetter aus Ingolstadt über Nacht um Jahre altern. Auch innen fühlt man sich auf Anhieb in der Porsche-Welt. Das beginnt beim Zündschloss links vom Lenkrad oder dem zentral angeordneten Drehzahlmesser und ist bei der riesigen, reichlich überladenen Mittelkonsole aus Cayenne und Co. noch lange nicht zu Ende.
Unter dem Blech haben sich die Stuttgarter von der Wahlverwandtschaft ebenfalls geschickt distanziert: Mit dem Allradantrieb aus dem 911, einem eigenen Fahrwerk, der nachgeschärften Doppelkupplung und vor allem einer kräftigen Leistungsspritze für die Sechszylinder unterstreicht Porsche deutlich das Sport im Utility Vehicle: Dabei muss man nicht Macan S mit seinem 250 kW/340 PS-Benziner und schon gar nicht den Turbo bestellen, der mit 294 kW/400 PS im Augenblick die Spitze der Modellpalette markiert. Schon der 190 kW/250 PS starke Diesel ist ein Dampfhammer.
Die Betonung liegt auf S, nicht auf UV
Mit seinen maximal 580 Nm tritt er kräftig an und macht beim Ampelsprint mächtig Druck. Nicht umsonst beschleunigt er in 6,3 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Überholen auf der Landstraße ist ein Kinderspiel. Auf der Autobahn wird der Macan zum Kilometerfresser. Porsche-Fahrer müssen sich nur daran gewöhnen, dass bei 230 km/h schon wieder Schluss ist. Das gilt im Umkehrschluss auch für den Verbrauch: Der Normwert liegt lediglich bei 6,1 Liter (CO2-Ausstoß 159 g/km) und deutlich unter neun Liter im Alltag.
Die Motoren sind nur die eine Seite der Medaille. Die andere ist das agile Fahrverhalten. Der Macan wirkt leichtfüßig und messerscharf. Das ist überraschend. Denn der Macan wiegt knappe zwei Tonnen und ist mit seinen 4,68 Metern entgegen dem Gattungsbegriff alles andere als „kompakt“. Dazu kommt, dass er einen höheren Schwerpunkt hat und sich das Gewicht bei diesem Aufbau nicht ganz so leicht ausbalancieren lässt. Spätestens in der Sportstellung für Lenkung, Fahrwerk und Getriebe lässt sich selbst der Diesel flott um die Ecken jagen. Dabei wedelt er kess mit dem Heck, bevor ihn die Elektronik wieder einfängt.
Gut für Hedonisten, nichts für Hinterbänkler
Für den Fahrer gibt es deshalb unter den SUV in diesem Segment aktuell wohl keine bessere Wahl als den Macan. Doch wer kein Hedonist ist, der findet schnell auch ein paar Haare in der scharfen Suppe: Die Hinterbänkler zum Beispiel sitzen in dem kleinen Porsche deutlich schlechter als bei der Konkurrenz. Der Kofferraum ist mit einem Volumen von 500 bis 1500 Litern allenfalls gehobenes Mittelmaß. Und was hilft eine elektrisch aufschwingende Klappe, wenn man das Gepäck über eine hohe Ladekante hinter eine kleine Stufe wuchten muss?
Auch bei der Ausstattung fährt der Macan nicht ganz vorne mit. Zwar ist er im Segment der Einzige mit optionaler Luftfederung und bietet traditionelle Porsche-Extras wie das Sport-Chrono-Paket oder die Keramikbremse. Aber ein Head-Up-Display zum Beispiel hat er noch nicht, und Einparken muss der Fahrer auch selbst. Dann ist da noch der stolze Preis: Wenn ein Einstiegsbenziner folgt, gibt es den Macan zwar für um die 50 000 Euro. Doch seinen Konkurrenten ist der nach dem indonesischen Wort für Tiger benannte Spätstarter um gute zehn Prozent voraus. Aber auch das passt zum Image der Marke.
Fazit: Der Neuling lässt die Konkurrenz alt aussehen
Der Preis des Porsche Macan ändert nichts am gewaltigen Spaß, den man mit diesem SUV haben kann. Er ändert erst recht nichts an dem Sexappeal und dem Status, den dieser Geländewagen ausstrahlt. Wäre da nicht die beschränkte Kapazität in der Fabrik in Leipzig, dann hätte der Macan durchaus das Zeug zum meistverkauften Modell im Porsche-Programm. Denn er bringt Vernunft und Vergnügen besser unter einen Hut als Cayenne und Co. Zudem lässt er manch einen Konkurrenten alt aussehen.
Datenblatt: Porsche Macan S Diesel
Alle Daten laut Hersteller, GDV, Schwacke