Saab 9-5: Hurra, wir leben noch
Berlin (dpa-infocom) Nach der Saab-Übernahme geht der Sportwagenhersteller Spyker in die Offensive. Die Holländer starten mit dem Saab 9-5 in die Zukunft. Er ist das Flagschiff und will die Konkurrenz in der gehobenen Mittelklasse verschärfen.
Noch vor einem Jahr stand Saab vor dem Aus. Mittlerweile wurden die Schweden aus dem GM-Imperium herausgelöst und an den kleinen holländische Sportwagenhersteller Spyker verkauft. Noch steht Saab auf wackeligen Beinen. Doch nun gibt es ein neues Auto, an das sich alle Hoffnungen knüpfen lassen: den Saab 9-5. Er ist das Flaggschiff und fährt aus der zweiten Reihe gegen die gehobene Mittelklasse vor allem gegen den Volvo S80, den Jaguar XF, die M-Serie von Infiniti oder den Lexus GS.
Ein Wagen von stattlicher Statur
Man sieht dem 9-5 nicht an, dass er noch ein Kind der General-Motors-Ehe ist und deshalb einmal ein Opel Insignia war. Mit 5,01 Metern fast 20 Zentimeter länger als der Zwilling aus Rüsselsheim pflegt der Saab einen protzigen Auftritt und reckt dem Vordermann einen riesigen Kühlergrill in den Rückspiegel. Die Scheinwerfer sind groß und schnörkellos. Die Silhouette glatt und schlicht. Das hohe Stummelheck ist ungewöhnlich rund geschliffen. Durch die extrem schräge Rückscheibe sieht man beim Rangieren kaum mehr als durch eine Schießscharte. Erstaunlich ist dafür das Kofferraumvolumen mit 515 Litern.
Auch innen ist der Wagen groß und geräumig. Vorn thront man auf feudalen Ledersesseln, geht auf vornehme Distanz zum Nebenmann und hat auch nach oben hin genügend Freiraum. Hinten ist die Kniefreiheit groß genug, damit Erwachsene problemlos einsteigen können und gerne sitzen bleiben.
Der Fahrer wird zum Piloten
Dazu gibt es ein Cockpit, das weniger an den Insignia erinnert als an die Flugzeuge, mit denen Saab groß geworden ist. Selbst der digitale Tacho im klassischen Tempo-Rund sieht aus wie der Höhenmesser eines Jets. Nur die grünen Zeiger und die drei Dutzend Knöpfe für Radio, Klima und Navigation unter dem Monitor der Mittelkonsole wirken seltsam antiquiert.
Ein Saab ist anders. Das war früher so - und das soll auch so bleiben. Deshalb haben die Schweden ihre Marotten über die Zeit gerettet. Zwar zündet der neue 9-5 jetzt schlüssellos, aber der Starterknopf prangt wie früher das Zündschloss zwischen den Sitzen. Und auch diesmal gibt es ein Night Panel, bei dem auf Knopfdruck alle Anzeigen bis auf den Tacho schwarz werden, damit sich der Fahrer auf das Wesentliche konzentrieren kann.
Schon der Zweiliter hat genügend Kraft
Neu sind dagegen eine Reihe von Assistenzsystemen, die Saab aus dem GM-Konzern gerettet hat. Meist nur gegen Aufpreis gibt es eine Verkehrszeichenerkennung, elektronische Hilfe bei der Spurführung, einen Sensor zum Vermessen von Parklücken und ein Head-Up-Display, das alle wichtigen Informationen ins Blickfeld des Fahrers projiziert.
Eine schöne Tradition bei Saab sind die Turbo-Motoren. Daran ändert sich beim 9-5 nichts. Es gibt ihn vom 1,6-Liter mit 132 kW/180 PS bis zum V6 mit 221 kW/300 PS. Doch schon in der Mitte kann man sich wohlfühlen, zum Beispiel mit einem beinahe bescheidenen Zweiliter-Vierzylinder, dem der Lader immerhin 162 kW/220 PS entlockt. Mit 350 Nm beschleunigt er den großen Schwedenhappen druckvoll. Wer sich geschickt durch die sechs Gänge schaltet, hat nach 8,0 Sekunden Tempo 100 erreicht. Schluss ist bei 230 km/h. Schweres Auto, starker Motor das heißt aber auch großer Durst: 8,6 Liter sagt die Theorie (CO2-Ausstoß 199 g/km) und mindestens zehn die Praxis.
Gangart wechseln per Knopfdruck
Das Fahrwerk ist solide und gutmütig. Damit fährt der 9-5 so gediegen, wie man es von einem unterkühlten Nordmann erwartet. Doch der Saab kann auch anders: Ein Druck auf den Drive-Sense-Schalter führt zu härteren Dämpfern, einer direkteren Lenkung und einem harten Gaspedal. Der Schwede wird zum Sportler. Dabei hilft ihm auch der optionale Allradantrieb. Er erzeugt nicht nur in den langen Wintern des hohen Nordens ein gutes Gefühl, sondern lässt einen auch auf herbstlich nassen Straßen ohne Sorgen durch die Kurven schneiden.
FAZIT: Ein willkommenes Lebenszeichen
Der 9-5 ist zwar weit weg von seinem Zwilling Insignia, dennoch ist der Saab nicht einzigartig und unerreicht. Doch mit solider Technik, ein paar alten Marotten, guter Ausstattung und akzeptablen Preisen ist er ein willkommenes Lebenszeichen.