VW Passat: Ab durch die Mitte
Berlin (dpa-infocom) — Er ist Biedermann und Bestseller: Kein Auto verkauft sich in der bürgerlichen Mittelklasse so gut wie der Passat. Doch wenn VW jetzt die achte Generation von Limousine und Kombi bringt, proben die Niedersachsen den Aufstieg.
In vielerlei Hinsicht.
Baumarkt-Einkäufe und Windel-Kartons waren einmal. Wenn Anfang November der neue Passat kommt, macht die Mittelklasse-Baureihe von Volkswagen den nächsten Schritt nach oben - und ist sich für solch alltägliche Aufgaben zu fein. Business-Klasse statt Bürgertum ist das Motto für die Limousine und den Kombi aus Wolfsburg. Sie treten künftig nicht mehr allein gegen Opel Insignia oder Ford Mondeo an, sondern mehr denn je auch gegen BMW 3er, Mercedes C-Klasse und den Audi A4. Und das, obwohl sich die Preise auf den ersten Blick nur marginal ändern: Mit zunächst 30 250 Euro für die Limousine und 31 325 Euro für den Variant ist der Passat nur wenige hundert Euro teurer als früher.
Technisch für den Aufstieg gerüstet
Wie ernst es VW mit dem Angriff aufs Establishment ist, merkt man schon bei der technischen Aufrüstung: Head-Up-Display, Massagesitze, ein digitales Kombiinstrument, modernste Handy-Integration mit Mirrorlink, Android Auto und Apple Carplay sowie jede Menge Assistenzsysteme bis hin zur Einparkhilfe für den Anhänger-Betrieb — in dieser Kategorie hat der Passat mit der noblen Konkurrenz weitgehend gleichgezogen. Allerdings muss man für diese Hightech-Ausstattung tief in die Tasche greifen. Und auch das Oberklasse-Ambiente mit reichlich Chrom, Klavierlack, Holz oder Leder gibt es nicht zum Nulltarif. Deshalb hat der VW auf Mercedes-Niveau plötzlich auch Mercedes-Preise: Man landet leicht bei 50 000 Euro.
Doch von manchen Errungenschaften des Generationswechsels profitiert man auch ohne Extra-Kreuz in der Preisliste. Zum Beispiel von den neuen Platzverhältnissen. Weil VW den Radstand gestreckt und das Package perfektioniert hat, bietet der neue Passat mehr Raum auf gleicher Fläche. Trotz niedrigerer Dachlinie hat man mehr Kopffreiheit. Im Fond schleifen die Knie auch dann nicht an den Rücklehnen, wenn es sich zwei große Insassen hintereinander bequem machen. Und der Kofferraum hat ebenfalls zugelegt.
Mehr Platz, weniger Verbrauch
Der Passat hat aber nicht nur an innerer Größe gewonnen. Auch sein Auftritt ist eleganter geworden: Mit den neuen Proportionen sieht der Passat sportlicher und schnittiger aus. Der horizontal betonte Kühlergrill lässt das Auto breiter und satter auf der Straße stehen. Und während die LED-Scheinwerfer vorne richtig ins Geld gehen, ist die Discoshow der Leuchtdioden am Heck mit 325 Euro schnell bezahlt.
Obwohl Volkswagen beim Passat in jeder Disziplin nachgelegt hat, melden die Wolfsburger beim Verbrauch einen Rückgang. Um bis zu 20 Prozent wurde der Durst der mittelfristig zehn Diesel und Benziner von 88 kW/120 PS bis 206 kW/280 PS gedrückt — und da ist der Plug-In-Hybrid mit seinen zwei Litern (CO2-Ausstoß von 45 g/km) noch gar nicht dabei.
Power-Diesel für Premium-Kundschaft
Die meistverkauften Motoren dürften die Diesel mit 88 kW/120 PS oder 110 kW/150 PS werden. Aber kein anderer Motor unterstreicht die Ambitionen des Aufsteigers besser als der neue Spitzendiesel. Immerhin ist der Zweiliter-Motor mit seinen 176 kW/240 PS der stärkste Selbstzünder mit vier Zylindern im VW-Programm, und mit seinen maximal 500 Nm auch entsprechend gut bei der Sache. Auf einer kurvigen Landstraße fordert er zwar bisweilen eine Gedenksekunde, und bei 1735 Kilo Leergewicht bleibt nicht mehr viel von den bis zu 85 Kilo, die VW beim Generationswechsel gespart hat.
Doch vor allem auf Autobahnen und Schnellstraßen macht der Power-Diesel, den ein Harnstoff-Katalysator über die EU6-Norm hebt, eine gute Figur. Mit Werten wie einem Normverbrauch von 5,4 Litern, einem CO2-Ausstoß von 140 g/km, einer Reichweite von 1200 Kilometern und einem Spitzentempo von 238 km/h macht er den perfekten Dauerläufer.
Dazu passt die wolkenweiche Abstimmung von Fahrwerk und Lenkung: Vor allem im Komfort-Modus packt der Passat seine Passagiere derart in Watte, dass sogar Mercedes-Fahrer neidisch werden. Wer dagegen in den Sport-Betrieb wechselt, fühlt sich der Straße schon enger verbunden, greift mit Lust ins Lenkrad und freut sich auf die R-Version, die nicht lange auf sich warten lässt.
Fazit: Der Meister der Mittelklasse
Er hat kein atemberaubendes Design und selbst mit dem stärksten Motor bekommt man am Steuer keine feuchten Hände. Aber er ist grundsolide und macht in jeder Disziplin einen großen Sprung nach vorn — egal ob beim Antrieb, Ambiente oder bei der Ausstattung. So sichert sich der Passat seine Position als Meister der Mittelklasse - und klopft gleichzeitig mit aller Macht an die Tür zum Oberhaus.
Datenblatt: VW Passat Variant 2.0 TDI 4Motion
Alle Daten laut Hersteller, GDV, Schwacke