Verstopft Carsharing die Städte?
Angebot und Nachfrage bei Gemeinschaftsautos nehmen zu. Ihr ökologischer Sinn ist aber umstritten.
Düsseldorf. Mehr Kunden, mehr Autos, größere Regionen. Die Zahlen beim Carsharing gehen weiter nach oben. Bundesweit gibt es rund 150 Anbieter, etwa eine Million Deutsche leihen sich bei Bedarf ein Auto. Und laut einer Studie des Tüv Rheinland könnte sich diese Zahl bis 2020 verdoppeln oder sogar verdreifachen. Vor allem das Freefloating hat Erfolg. Im Gegensatz zu Angeboten mit festen Stationen kann der Wagen beim Freefloating überall in einer Region abgestellt werden. Die Buchung erfolgt online, per App oder telefonisch. Laut der Studie ist die Zahl der Freefloating-Nutzer von Januar 2013 bis Juli 2014 um 347 000 auf 530 000 gewachsen.
Doch mit dem Erfolg werden zugleich die kritischen Stimmen lauter. Unter anderem wird bemängelt, dass die Angebote auch von Menschen genutzt würden, die früher zu Fuß gegangen wären oder die U-Bahn genutzt hätten. Dadurch gebe es keinen positiven ökologischen Effekt. Dabei war genau das die Idee hinter dem Auto-Teilen, die Ende der 1970er Jahre in Europa aufkam. Durch das Carsharing sollte der steigenden Anzahl an Autos in Zentren entgegengewirkt werden.
Deutschlands Hauptstadt des Carsharings ist laut Tüv Karlsruhe. Dort kommen 1,93 Fahrzeuge auf 1000 Einwohner. Es folgen Stuttgart (1,38) und Köln (1,17). Düsseldorf (1,0) liegt im Mittelfeld.
Und auch Regionen werden ausgeweitet. Im Oktober hat das zu Daimler gehörende und nach eigenen Angaben mit weltweit mehr als einer Million Kunden größte Carsharing-Unternehmen Car2go die bis dahin getrennten Gebiete Köln und Düsseldorf (mit Neuss und Hilden) zusammengefasst. Mit 600 Fahrzeugen auf einer Fläche von 180 Quadratkilometern gilt das Gebiet mit 50 000 Nutzern als einer der größten Standorte des Unternehmens in Deutschland.
Auch das zu BMW gehörende Angebot DriveNow bietet Freefloating zwischen Düsseldorf und Köln an. Seit Januar 2012 sind die Fahrzeuge des Unternehmens in Düsseldorf, seit Oktober 2012 in Köln im Einsatz. Insgesamt stehen auch hier 600 Autos für die mehr als 80 000 Kunden im Rheinland bereit.
Eine Studie von Civity, einem Beratungsunternehmen für öffentliche Dienstleistungen, besagt, dass Freefloating-Systeme den Stadtverkehr verschlimmern. Das Rückgrat einer stadtverträglichen Mobilität bleibe der öffentliche Verkehr sowie der Fahrrad- und Fußgängerverkehr. Ein Großteil der Fahrten finde auf Distanzen unter fünf Kilometern, in und zwischen den Szenevierteln der Großstädte statt, so Friedemann Brockmeyer, Co-Autor der Studie.
Erkenntnisse, die Carsharing-Anbieter nicht teilen. DriveNow-Chef Nico Gabriel ist überzeugt, dass Autoteilen dem Klima gut tut. Studien, die negative Auswirkungen befürchten lassen, seien zu eindimensional, sagt er und geht nicht davon aus, dass Carsharing den öffentlichen Nahverkehr oder den Radverkehr kannibalisieren, sondern sieht das Angebot als Teil des Ganzen. Und er glaubt, dass es durch das Angebot langfristig weniger private Fahrzeuge in den Städten gibt. So werde die Nachfrage am öffentlichen Nahverkehr und am Radverkehr wieder steigen.