VW-Abgasskandal: Jetzt auch CO2-Probleme
Wolfsburg (dpa) - Der Abgas-Skandal im VW-Konzern erreicht eine neue Dimension. Volkswagen musste nun auch Unregelmäßigkeiten bei CO2-Werten einräumen - außerdem sind damit erstmals auch Benziner und nicht nur Dieselfahrzeuge betroffen.
Dabei geht es um den Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxid (CO2) - und damit um den Spritverbrauch. Die falschen CO2-Angaben bei Volkswagen betreffen auch 98 000 Benzinfahrzeuge, wie Verkehrsminister Alexander Dobrindt nun dem Bundestag mitteilte.
Bisher ging es in dem Skandal um Stickoxid (NOX). Im September hatte das Unternehmen eingestanden, bei Abgas-Tests auf dem Prüfstand mit Softwarehilfe die Ergebnisse für Diesel-Motoren manipuliert zu haben. Die Software schaltet in Testsituation in einen Sparmodus. In diesem Zusammenhang musste VW bereits 6,5 Milliarden Euro zurückstellen.
Im Rahmen der derzeit laufenden Überprüfungen aller Prozesse und Abläufe bei Dieselmotoren ist laut VW aufgefallen, dass bei der CO2-Zertifizierung einiger Fahrzeugmodelle zu niedrige CO2- und damit auch Verbrauchsangaben festgelegt wurden. Betroffen seien ganz überwiegend Fahrzeuge mit Dieselmotoren. Es gehe um Autos der Typen Polo, Golf und Passat, sagte ein VW-Sprecher auf Anfrage. Bei der VW-Tochter Audi seien A1- und A3-Modelle betroffen. Bei Skoda gehe es um den Octavia und bei Seat um den Leon und den Ibiza.
Auch bei einem Benzinmotor mit Zylinderabschaltung habe es Auffälligkeiten gegeben, sagte der Sprecher. Es handele sich dabei aber um eine geringe Stückzahl. Bei den Dieselmotoren seien 1,4-, 1,6- und 2,0-Liter-Varianten betroffen. Alle Aggregate stammen einem Sprecher zufolge aus dem Wolfsburger Stammhaus von VW.
Kohlendioxid (CO2) ist zwar unschädlich für den Menschen, aber zugleich das bedeutendste Treibhausgas und wesentlich für die menschengemachte Erderwärmung verantwortlich. Die CO2-Grenzwerte sind in der EU in den vergangenen Jahren verschärft worden.
Die neue Dimension des Abgas-Debakels könnte für Volkswagen und seine Kunden mögliche Folgeprobleme haben. So hängt hierzulande die Höhe der Kfz-Steuer für jüngere Pkw (Erstzulassungsdatum ab 1. Juli 2009) auch am Ausstoß von Kohlendioxid (CO2). Autos mit niedrigerer CO2-Emission sind steuerlich günstiger als welche mit einer höheren. Damit steht nun das Risiko im Raum, dass durch die Abgas-Manipulationen Kfz-Steuern für Autos aus dem VW-Konzern zu niedrig festgesetzt worden sind.
VW-Chef Matthias Müller versprach erneut eine „schonungslose“ Aufklärung. „Dabei machen wir vor nichts und niemandem Halt. Das ist ein schmerzhafter Prozess, aber er ist für uns ohne Alternative.“ Dies sei die Voraussetzung für die grundlegende Neuausrichtung des Konzerns. VW wolle nach Absprache mit den zuständigen Behörden schnellstmöglich eine Klärung der weiteren Vorgehensweise sowie eine korrekte Einstufung der CO2-Werte bei den betroffenen Fahrzeugen vornehmen.
Zuvor hatte die US-Umweltbehörde EPA neue schwere Vorwürfe gegen VW erhoben - dabei geht es um Stickoxid-Werte. Die EPA beschuldigt VW, bei weiteren Dieselmotoren eine Manipulations-Software eingesetzt zu haben. Volkswagen hält dagegen, kein Programm installiert zu haben, „um die Abgaswerte in unzulässiger Weise zu verändern“.
Nach den neuen EPA-Vorwürfen wären erstmals auch Porsche-Fahrzeuge und jüngere Modellreihen betroffen. Wie die Behörde mitgeteilt hatte, wurden in bestimmten Diesel-Modellen der Marken VW, Audi und Porsche Drei-Liter-Diesel-Motoren verbaut, die bei Stickoxid-Emissionen die in den USA erlaubten Grenzwerte um das bis zu Neunfache überträfen. Porsche stoppte nun den Verkauf des Geländewagens Cayenne mit Dieselmotor in den USA. Man habe den Verkauf der entsprechenden Modelle dort vorerst eingestellt, sagte ein Sprecher. Dies sei eine reine Vorsichtsmaßnahme.
Unterdessen drohen Volkswagen in den USA weiterer Probleme. Diesmal geht es nicht um manipulierte Abgaswerte, sondern um Fehler bei Pflichtmeldungen zu Unfällen mit Verletzungen und Todesfällen an die US-Verkehrsaufsicht NHTSA. VW teilte mit, eine externe Prüfung eingeleitet zu haben, um sicherzustellen, dass die Daten korrekt an die Aufsicht übermittelt werden.