Weniger CO2 aus deutschen Autos

Berlin (dpa) - Zuvor viel gescholten, haben die deutschen Autobauer in den vergangenen Jahren den CO2-Ausstoß ihrer Flotten schrittweise reduziert. Kritikern ist das zu wenig - und sie werfen der Autoindustrie Zahlenspielerei vor.

Der oberste Lobbyist lässt keinen Zweifel daran, dass deutsche Autos immer sauberer werden. Um drei Prozent sei der Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) bei neu zugelassenen Personenwagen deutscher Hersteller 2010 zurückgegangen. In der Tendenz sei das schon seit 2007 so, sagt Matthias Wissmann, der Präsident des Verbands der Automobilindustrie (VDA), am Mittwoch (2.2.). Nicht alle sind mit dieser positiven Darstellung einverstanden.

Die deutschen Autobauer kommen nach Lesart Wissmanns bei der CO2-Minderung „schneller voran als ihre Wettbewerber“. Der Beleg: Während die deutschen Marken den Kohlendioxid-Ausstoß verringerten, sei er bei Importfahrzeugen um 0,6 Prozent gestiegen. Seit 2006 seien die CO2-Emissionen deutscher Hersteller sogar um 13 Prozent zurückgegangen.

Kein Grund zum Feiern sei das, meint Gerd Lottsiepen, beim Verkehrsclub Deutschland (VCD) für Verkehrspolitik zuständig. Denn die deutsche Autoindustrie habe zehn Jahre verschlafen. Noch 1998 habe sie sich im Chor der europäischen Hersteller verpflichtet, den CO2-Ausstoß der Neuwagen bis 2008 auf durchschnittlich 140 Gramm je Kilometer zu senken. Tatsächlich habe er am Ende des Zeitraums 20 Gramm darüber gelegen. Und der Durchschnittswert des vergangenen Jahres, 152,4 Gramm, sei noch immer weit entfernt vom einstigen Ziel. Es sei schon virtuos, wie Wissmann mit den Zahlen spiele, sagt Lottsiepen.

Inzwischen gibt es neue, diesmal verbindliche Grenzwerte in der Europäischen Union. Demnach müssen die in der EU zugelassenen Neuwagen 2015 insgesamt den Durchschnittsgrenzwert von 130 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer erreichen. Bis dahin gilt ein Stufenplan: 2012 muss bei 65 Prozent der Neuwagen diese Obergrenze eingehalten werden, 2013 bei 75 Prozent und 2014 bei 80 Prozent.

Dabei wird für die Flotten der einzelnen Hersteller jeweils ein eigener Wert errechnet, der über oder unter 130 Gramm liegen kann. Dabei gilt: Je schwerer das Durchschnittsgewicht der Autos eines Konzerns, desto höher liegt der CO2-Grenzwert.

Lottsiepen glaubt immerhin wie Wissmann, dass die deutsche Industrie im kommenden Jahr die geforderten 65 Prozent erreichen wird. Das sei aber kein Kunststück. „Schwieriger wird es, den von der EU angepeilten Wert von 95 Gramm pro Kilometer für 2020 zu schaffen“, meint der VCD-Experte. Wissmann stellt bis 2020 beim Verbrauch von Benzinern und Dieselfahrzeuge noch einmal 25 Prozent Einsparung in Aussicht. Dies werde allerdings „alles andere als ein Spaziergang“.

Der Automobilforscher Ferdinand Dudenhöffer sprach unlängst von einer „großen Innovationswelle“, die von den EU-Vorgaben ausgelöst worden sei. „Die Anpassung und der Einsatz neuer Technik gingen deutlich schneller und kostengünstiger voran als vielfach erwartet“, zog er eine Zwischenbilanz. Als Beispiele nannte er kleinere, effizientere Motoren, Gewichtseinsparungen und Leichtlaufreifen.

Die Tendenz zu weniger Abgasen zeigen klar offizielle Zahlen der Behörden: 33,4 Millionen Kraftfahrzeuge in Deutschland verursachten im Jahr 1990 gut 150 Millionen Tonnen CO2. Zwanzig Jahre später sind 47,1 Millionen Wagen auf den Straßen unterwegs, sie pusten aber laut Umweltbundesamt „nur“ 143,6 Millionen Tonnen Kohlendioxid in die Luft.

Nun ist die Branche selbst unsicher, mit welcher Technologie es beim Auto weitergeht. Wissmann wendet das rhetorisch geschickt in eine „Fächerstrategie“: Die Industrie mache eben alles - neue Batterien für den Elektromotor oder einen Wasserstoffantrieb entwickeln und zugleich den alten Verbrennungsmotor optimieren.