Wo sich Stoßstangen küssen - Konflikte ums Parken

Berlin/München (dpa/tmn) - Wohl dem, der eine Garage oder einen Stellplatz hat: Die Parkplatzsuche ist für die meisten Autofahrer ein großes Problem. Ein Thema, das auch oft die Gerichte beschäftigt.

Freuen kann sich nur der alte Benz.

Gemacht zum Fahren, steht es doch die meiste Zeit - das Auto. Ganze Innenstädte und Wohnviertel parken Autos zu. Je zentraler die Lage, desto größer das Parkproblem. Wer eine Garage hat oder einen festen Stellplatz, darf sich glücklich schätzen. Wo sich Stoßstangen küssen, gibt es Konfliktpotenzial - am Bordstein, auf Parkplätzen, in Tiefgaragen. Das zeigt die folgende Sammlung von Fallbeispielen und Visionen zur Lösung des Platzmangels.

Parken falsch gemacht kann lebensgefährlich sein. Das wurde Ende vergangenen Jahres durch zwei traurige Beispiele belegt: In Berlin und Potsdam verunglückten zwei Radfahrer, als sie in zweiter Reihe parkenden Autos auswichen. Dabei ist das Zweite-Reihe-Parken laut Straßenverkehrsordnung verboten, und doch machen es viele. Sei es der Postbote oder der Papa, der nur schnell frische Brötchen holen will und lieber doch nicht den Behindertenparkplatz blockieren möchte.

Thema blockieren: Mit Verständnis reagiert mancher Lückensuchende, wenn bei Umzügen Seitenstreifen mit Klappstühlen und Flatterband freigehalten werden. Doch erlaubt ist das Reservieren nicht. Auch Fußgänger dürfen Parklücken nicht freihalten. Andererseits dürfen Autofahrer die Fußgänger nicht wegdrängeln. „Bei einem Rechtsstreit könnte das als Nötigung ausgelegt werden“, sagt Karl Walter, Verkehrsexperte bei der R+V-Versicherung. Und zwei Parkplätze mit einem Auto zu blockieren? Auch das ziehe ein Verwarngeld nach sich.

Während manche Parkregel den Verkehrsteilnehmern glasklar ist und aus Platzmangel doch gebrochen wird, gibt es Situationen, die verwirren. So verheißen Schilder auf manchem Supermarkt-Parkplatz: „Hier gilt die StVO“, also die Straßenverkehrsordnung. Allerdings haben sie keine Verbindlichkeit. So gelten auf den Asphalt gemalte Richtungspfeile lediglich als Empfehlungen, und auch auf die Regel „rechts vor links“ können sich Autofahrer nicht berufen. Fahrspuren auf Parkplätzen hätten keinen Straßencharakter, sagt ADAC-Sprecherin Marion-Maxi Hartung. „Sie gewähren daher auch kein Vorfahrtsrecht.“

Deshalb wird zu Schrittgeschwindigkeit und ständiger Bremsbereitschaft geraten. Gerichte, wie zuletzt das Kammergericht Berlin, geben Beteiligten an Parkplatzunfällen fast immer eine Teilschuld. In dem Berliner Fall hatten zwei Autofahrer zum Ausparken zurückgesetzt, und obwohl einer der beiden noch anhielt, krachte es. Das Gericht befand, dass in solchen Fällen eine Schadensquote von 50:50 anzusetzen sei (Aktenzeichen: 12 U 3/09). Das berichtete die Verkehrsclub-Mitgliederzeitschrift „ACV Profil“. Die Beteiligten blieben je auf der Hälfte des eigenen Schadens sitzen.

Tiefer als für jede reguläre Parkgebühr müssen Autofahrer unter Umständen in die Tasche greifen, wenn sie unbefugt Firmenparkplätze nutzen. Der Grundstückseigentümer kann dann abschleppen lassen, wie der Bundesgerichtshof (BGH) entschied (Aktenzeichen: V ZR 144/08). Wer also auf einem Kundenparkplatz sein Auto für den Stadtbummel abstellt, riskiert Abschleppgebühren von nicht selten mehr als 150 Euro.

Manchmal ist das Thema Parken buchstäblich unterirdisch - immer wenn es ab in die Tiefgarage geht. Ihr Image ist noch schlechter als das der Parkhäuser. In beiden sind die Kurven eng und die Rampen steil. Der ADAC kritisiert regelmäßig schlechte Beleuchtung, irreführende Beschilderung, verwinkelte Stellplätze und mangelhafte Überwachung. Der Club will schon seit 1987 mit dem Gütesiegel „Benutzerfreundliches Parkhaus“ Anreize zur Verbesserung schaffen.

Doch können solche Maßnahmen wohl am generellen Parkplatzmangel in den Städten nichts ändern. Der ADAC mutmaßt, dass in manchen Zentren zu Stoßzeiten umherirrende Stellplatz-Suchende 40 Prozent des gesamten Straßenverkehrs ausmachen. Park+Ride-Konzepte könnten laut dem Club „einen wichtigen Beitrag zur Entlastung der Innenstädte leisten“. Ein anderer und noch seltener Ansatz sind Parkplätze für Fahrgemeinschaften, die P+M-Parkplätze. „Problematisch ist an den oftmals abgelegenen Standorten der Schutz vor Vandalismus und Diebstahl“, gibt ADAC-Sprecherin Hartung zu bedenken.

Nach Ansicht des Naturschutzbundes (NABU) ist trotz des Mangels die weitere Verknappung von Parkraum ein guter Ansatz zur Lösung des Problems um verstopfte Innenstädte. Zudem fordert NABU-Verkehrsexperte Dietmar Oeliger höhere Parkgebühren, um zugunsten öffentlicher Verkehrsmittel „die Subventionierung des Pkw-Verkehrs abzubauen“. Auch Teilen könne helfen: Ein Car-Sharing-Auto ersetze fünf private Pkw, was eine deutliche Verringerung des Parkplatzbedarfs ermögliche, so Oeliger.

Nur einer müsste sich keine Gedanken um ein Parkplatzproblem machen - wenn er könnte: Carl Benz. Zum 125. Jubiläum seines Benz-Patentwagens Nummer 1 hat seine Geburtsstadt Karlsruhe dem 1929 gestorbenen Mobilitätspionier einen „ewigen Parkplatz“ eingerichtet. Ein stählerner Nachbau des Wagens parkt darauf als Denkmal vor Benz' Geburtshaus in der Rheinstraße 22 im Stadtteil Mühlburg.