Lesung mit Hermann Schulz Das Mädchen, das mit Krokodilen spielt
Es war eine besondere Unterrichtsstunde für die Studenten am Bergischen Kolleg in Elberfeld: Hermann Schulz war zu Gast und hat aus seinem Buch „Therese. Das Mädchen, das mit Krokodilen spielt“ gelesen.
Auf Vermittlung von Beatrix Burghoff, Lehrerin am Kolleg für Geschichte und langjährige Bekannte von Schulz, kamen ein Geschichts- und ein Deutschkurs in den Genuss der Lesung. Und ein Genuss ist es immer wieder, Hermann Schulz zu hören.
„Das Thema seines historischen Romans passt für beide Kurse. Er beginnt in der Kaiserzeit und führt über zwei Weltkriege bis zu den Anfängen der BRD“, so Burghoff. In einem Mix aus Lesung und Erzählung berichtete Schulz den interessierten Zuhörern vom Leben der Therese. 1977 lernt er sie zufällig in einem Supermarkt in Lomé, Togo, kennen. Die damals 77-Jährige spricht für Schulz ihr Leben auf Kassetten, die Grundlage für seinen Roman werden. „Ich habe mich von ihren Erzählungen etwas frei gemacht, erzähle aber sehr nahe an ihrer Lebensgeschichte entlang“, so Schulz.
Halt findet Therese
bei ihren Pflegeeltern
1900 als Kind einer durchreisenden Völkerschau-Truppe, die im heutigen Rex-Kino gezeigt wurde, geboren, wächst Therese in Elberfeld in einer Pflegefamilie auf. „Damals war das üblich. Die Kinder konnten nicht mitgenommen werden“, erklärt Schulz auf Nachfrage. Einfühlsam und eindringlich schildert er Thereses erste Erlebnisse mit Rassismus, als „Negertherese“ betitelt, ein, aufgrund ihrer Hautfarbe schreiendes Kind. Halt findet sie bei ihren liebevollen Pflegeeltern.
„Sie schreiben und lesen gut, ich kann mir das Geschilderte gut vorstellen“, lautet der lobende Kommentar eines Studenten. Und auch die übrigen Zuhörer sind gefesselt von den Erzählungen. Viele der historischen Begebenheiten sind für sie neu, manches schwer nachzuvollziehen. Immer wieder werden Fragen gestellt, die Schulz gerne beantwortet. Nationalismus und Kolonialismus prägen Thereses Leben. Ein traumatisches Erlebnis das schon brutale Abholen des Kindes nach Rotterdam zum leiblichen Vater. Dieser lässt sich nach Russland verpflichten, wo sich seine Spur im Ersten Weltkrieg verliert.
Therese kehrt nach Wuppertal zurück und Schulz nimmt die Zuhörer mit nach Hamburg Groß-Borstel, wo sie als Erzieherin arbeitet. Erniedrigend die geschilderte Szene in der sie, den ihr zustehenden Urlaub beantragt. Sie trifft ihren Bruder Nkwassi wieder und geht mit ihm 1933, nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten und verstärkten rassistischen Übergriffen, nach Togo, der Heimat ihrer Eltern.
Die Mischung aus heimischem Lokalkolorit, historischen und menschlichen Begebenheiten hält die jungen Zuhörer fast eineinhalb Stunden gefangen. Therese kehrt 1959 ans Grab ihrer Pflegeeltern nach Wuppertal zurück. Die Verbindung nach Deutschland ist ihr geblieben. Ihr Mann wurde der erste Botschafter Togos in Bonn. Schulz bedauert, dass er ihre Kinder nicht kennenlernen konnte. Mittlerweile ist die vierte Auflage von „Therese. Das Mädchen, das mit Krokodilen spielt“ gedruckt.