Almunia droht Google mit härterem Vorgehen
Brüssel (dpa) - Die EU-Kommission droht Google in dem jahrelangen Wettbewerbsverfahren mit einem härteren Vorgehen und legt den bisherigen Kompromiss zu den Akten.
Der US-Konzern müsse seine Vorschläge nachbessern, um den Streit um seine Suchmaschine beizulegen, sagte EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia am Dienstag im Europaparlament in Brüssel. Ansonsten sei ein Warnbrief an den Suchmaschinengiganten der nächste logische Schritt.
Das wäre die nächste Stufe in einem Verfahren wegen Verstößen gegen EU-Recht. Letztlich droht eine milliardenschwere Strafe. Das Verfahren dreht sich um Vorwürfe von Medienunternehmen und konkurrierenden Online-Diensten, Google benachteilige sie in seiner Suchmaschine. Von Google hieß es, man arbeite weiterhin mit der Kommission zusammen, um ihre Bedenken auszuräumen.
Er habe Google Anfang September von den neuen Forderungen unterrichtet, sagte Almunia. „Wir werden jetzt sehen, ob Google diese Dinge angeht und unsere Bedenken zerstreuen kann.“ Sollte es bis zum Amtsende der EU-Kommission Ende Oktober keine Einigung geben, werde die neue Kommission den Fall weiterverfolgen, kündigte Almunia an.
Zugleich sagte er, in dem Fall gebe es mehr Probleme als in dem Wettbewerbsverfahren gegen den Windows-Konzern Microsoft, das 16 Jahre gedauert habe. Die Untersuchungen gegen Google laufen inzwischen seit vier Jahren.
Damit vollzieht Almunia eine Kehrtwende. Der Kommissar hatte den im Februar bekanntgegebenen Kompromiss mit Google zunächst gegen die Kritik von Verlegern und Online-Firmen verteidigt. Zuletzt sprach er aber bereits davon, dass die Kommentare zu den bisherigen Google-Vorschlägen neue Argumente hervorgebracht hätten und mit dem Internet-Konzern aufs neue gesprochen werde.
Bei dem Streit geht es größtenteils um Suchanzeigen in spezialisierten Bereichen wie dem Kartendienst Maps, Preisvergleiche oder die Suche nach Hotels und Restaurants. Google hat in den EU-Ländern zum Teil über 90 Prozent Marktanteil bei der Internet-Suche.
Bei der vorläufigen Einigung mit Almunia hatte Google unter anderem zugesagt, Ergebnissen aus konkurrierenden Online-Diensten mehr Platz einzuräumen und eigene Angebote klarer zu kennzeichnen.
Den Beschwerdeführern ging das aber nicht weit genug. Sie kritisieren unter anderem, dass es für Google damit weiterhin möglich sei, eigene Dienste zu bevorzugen. Die Kennzeichnung solcher Angebote sei nicht ausreichend, und Google habe immer noch viel mehr Platz als die Konkurrenten. Außerdem fanden sie es unfair, dass sie laut dem Kompromiss für ihre Links in den Treffern wie für Anzeigen bezahlen sollten. Überdies sei die Laufzeit der Vereinbarung mit fünf Jahren in dem sich schnell verändernden Geschäft zu lang.
Ein ähnliches Wettbewerbsverfahren in den USA war für Google glimpflich ausgegangen. Der Internet-Konzern hatte bereits im Februar angedeutet, mit den bisherigen Zugeständnissen in Brüssel eine Schmerzgrenze erreicht zu haben.
Almunia wies zugleich bei dem Auftritt im Europaparlament die Frage nach einer möglichen Zerschlagung von Google ab. Er sei erst bereit, darüber zu reden, wenn Eisenbahnen und Stromversorger eine Zerschlagung akzeptierten und man mit Telekom-Unternehmen darüber rede. Zuletzt hatte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) eine Zerschlagung von Google ins Gespräch gebracht.