Amazon opfert Gewinn für Wachstumsdrang

Seattle (dpa) - Der weltgrößte Onlinehändler Amazon investiert Milliarden und nimmt dafür in Kauf, die Börse mit sinkenden Gewinnen zu verärgern. Im ersten Quartal verdiente der US-Konzern noch 201 Millionen Dollar - ein Drittel weniger als im Vorjahreszeitraum.

Zugleich schnellte der Umsatz um 38 Prozent auf 9,9 Milliarden Dollar (6,8 Mrd Euro) hoch, wie Amazon nach US-Börsenschluss am Dienstag mitteilte.

Amazon lockt die Kunden mit niedrigen Preisen und immer neuen Angeboten. Zudem steckt der Händler viel Geld in die Werbung, in neue Produktbereiche, den Ausbau seiner Logistikzentren und des Geschäft mit Cloud Computing, der Bereitstellung von Daten und Software aus dem Netz. In diesem Geschäft ist Amazon ein führender Player.

Amazon ist mit Büchern und CDs groß geworden und verkauft mittlerweile nahezu alles vom Fernseher bis zum Herrenanzug. Der Konzern betreibt überdies Webhosting, bietet Filme im Onlineverleih an und vertreibt Apps für die boomenden Android-Smartphones. Jüngst startete Amazon in den USA zudem einen Cloud-Musikdienst. Wann er nach Deutschland kommen könnte, ließ Deutschland-Chef Ralf Kleber offen.

„Wir waren niemals enthusiastischer, was die langfristigen Möglichkeiten angeht“, sagte Gründer und Unternehmenschef Jeff Bezos und versuchte damit, die Anleger für seinen Wachstumskurs zu gewinnen. Die Aktie gab nachbörslich leicht nach.

Auch Deutschland-Chef Kleber verteidigte die hohen Investitionen. Jetzt sei die richtige Zeit dafür, auch mit Blick auf die Konkurrenz. In Deutschland öffne Amazon zwei neue Versandlager und wird ein bisher zeitweise genutztes Lager permanent betreiben. „Wir schaffen tausende Arbeitsplätze in Deutschland“, betonte Kleber.

Die hohen Ausgaben seien auch mit der Einführung neuer Produktgruppen notwendig: „Denn mit dem Start fängt die Arbeit erst an.“ Unter anderem müssten Marken gewonnen und Kollektion zusammengestellt werden. Amazon baut hierzulande unter anderem sein Geschäft mit Mode und Schuhen sowie mit Konsumgütern aus. Mit dem Start des deutschen E-Book-Angebotes in den vergangenen Tagen zeigte sich Kleber zufrieden. „Die Kindle-Lesegeräte haben es auf Anhieb auf Platz 1 in der Kategorie Elektronik geschafft - und das will was heißen bei unserem Angebot in dem Bereich.“

Bezos will auch weiterhin kräftig in neue Produkte und Services investieren. Im laufenden zweiten Quartal dürfte sich das jetzige Bild deshalb wiederholen. Der Firmenchef prophezeite einen kräftig steigenden Umsatz und sinkende Gewinne. Bereits in den vorangegangenen Quartalen hatte Bezos die Spendierhosen an und verärgerte damit die Aktionäre.

Amazon muss aufpassen - der Online-Marktplatz Ebay sitzt dem Marktführer im Nacken. Beide Firmen haben mittlerweile ein kleines Imperium aufgebaut. Zu Amazon gehören neben dem Schuhverkäufer Zappos.com auch der Babyartikel-Spezialist diapers.com sowie die Online-Drogerie soap.com. Ebay hatte den deutschen Online-Shopping-Club brands4friends übernommen und bietet mit seiner Tochter Paypal auch Bezahldienste im Internet an. Auch Amazon schließe nicht aus, irgendwann in Finanzdienste einzusteigen, derzeit gebe es aber keine konkreten Pläne, sagte Kleber.

Im wichtigen Weihnachtsgeschäft wuchs Ebay zwar deutlich langsamer, doch verdiente dafür mehr. Ebay wollte die Zahlen für das erste Quartal am späten Mittwochabend vorlegen.