Amazon-Umsatz schnellt um 51 Prozent nach oben
Seattle/München (dpa) - Der weltgrößte Online-Händler Amazon tritt aufs Gaspedal: Im zweiten Quartal stieg der Umsatz um 51 Prozent auf 9,9 Milliarden Dollar (6,8 Mrd Euro).
„Niedrige Preise, eine breitere Auswahl, eine schnelle Lieferung und Innovationen haben für das rasanteste Wachstum gesorgt, das wir seit mehr als einem Jahrzehnt gesehen haben“, sagte Konzernchef Jim Bezos am Dienstag in Seattle. „Um dieses Wachstum zu stemmen, brauchen wir große Logistikstandorte“, erklärte Amazon-Manager Nicholas Denissen am Mittwoch im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa.
Zu den vier bestehenden Zentren für den Versand der online bestellten Waren kommen jetzt noch zwei Logistikzentren in Rheinberg am Niederrhein und in Graben bei Augsburg hinzu. Daneben richtet Amazon ein Kundenservice-Zentrum in Berlin ein. Für diese neuen Standort werden mehr als 1000 Mitarbeiter für Kundenservice und Handelsgeschäft gesucht.
Außerdem will Amazon mit Blick auf das Weihnachtsgeschäft mehr als 10 000 Saisonkräfte in Deutschland einstellen. Diesen will Amazon „nach Möglichkeit auch eine Chance auf Weiterbeschäftigung“ anbieten. Weltweit beschäftigt Amazon 43 200 Mitarbeiter; wie viele es in Deutschland sind, ist nicht bekannt.
Die Kehrseite der Medaille ist, dass Amazon zum wiederholten Male einen Gewinnrückgang hinnehmen musste. Denn die Investitionen ins Wachstum gehen mächtig ins Geld: Seien es nun Sonderangebote wie das neueste Lady-Gaga-Album für 99 US-Cent, der Ausbau der Logistikzentren oder der Vorstoß in neue Geschäftsbereiche. Der Gewinn fiel in der Folge um 8 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum auf unterm Strich 191 Millionen Dollar.
Amazon versucht, mit allen Mitteln Marktanteile hinzuzugewinnen und Konkurrenten wie Ebay auszustechen. Unter Experten ist umstritten, ob die Rechnung am Ende aufgeht. Zumindest dieses Mal übertraf Amazon die Erwartungen der Analysten und die Aktie stieg nachbörslich um mehr als 6 Prozent.
Für das laufende Quartal sagt Amazon voraus, im besten Falle die 11-Milliarden-Umsatzmarke zu knacken - und dabei schlimmstenfalls nur noch einen Kleckergewinn von unterm Strich 20 Millionen Dollar zu erwirtschaften.
Amazon ist mit Büchern und CDs groß geworden und verkauft mittlerweile nahezu alles vom Fernseher über den Herrenanzug bis zu Lebensmitteln. Der Konzern betreibt überdies Webhosting, bietet Filme im Onlineverleih an und vertreibt Apps für die boomenden Android-Smartphones. Eines der jüngsten Kinder ist ein Cloud-Musikdienst, bei dem Songs zentral auf Internetrechnern gespeichert werden und jederzeit abrufbar sind.
Der Rivale Ebay geht einen etwas anderen Weg: Der Online-Marktplatz wächst deutlich langsamer als Amazon, stattdessen setzt Ebay auf Dienstleistungen rund um den Einkauf im Netz. Eine der Perlen im Unternehmen ist die Bezahltochter PayPal.
Die Leidtragenden der Entwicklung sind die klassischen Einzelhändler. Jüngst musste die zweitgrößte Buchhandelskette der USA nach monatelangem Überlebenskampf endgültig aufgeben. Bei Borders verlieren jetzt auch die letzten 10 700 Beschäftigten den Job. Die Nummer eins der US-Buchhändler, Barnes & Noble schwächelt ebenfalls und sucht vorsorglich nach einem Käufer. In Deutschland begründeten zuletzt die Ketten Media Markt und Saturn die angekündigte Streichung von 3000 Stellen in Europa mit der wachsenden Konkurrenz aus dem Internet.