Analyse: Ein Web-Dinosaurier verschwindet
Sunnyvale/Berlin (dpa) - Es ist das Ende einer Ära: Anfang kommender Woche wird die Suchmaschine Altavista abgeschaltet.
Lange Zeit war Altavista die bekannteste Suchmaschine, verpasste jedoch nach dem Platzen der „Internet-Blase“ zur Jahrtausendwende den Anschluss an Google. Nun stampft Altavista-Besitzer Yahoo die einst bekannte Suchmaschine - und eine Reihe weiterer Produkte - ein.
Die Entscheidung zeigt auch, wie sehr sich das Web seit dem Start von Altavista 1995 verändert hat. Damals war der Suchanbieter ein Pionier. Während andere Suchmaschinen die bestehenden Webseiten in einem redaktionell gepflegten Katalogen und Verzeichnisdiensten sammelten, baute Altavista eine Software.
Der „Super-Spider“ von Altavista, der sich wie eine Spinne durchs Web bewegte, las Informationen über die Seiten im Web aus und erfasste sie in einem Index.
Die Firma hinter Altavista, die Digital Equipment Corporation (DEC), sah den Suchdienst als Schaufenster für die Rechenleistung der eigenen Computer. Dank der Server von DEC sei Altavista schneller als die Konkurrenz, erklärte die Firma zum Start. Die Such-Algorithmen erfassten blitzschnell Inhalte und erlaubten so zielgerichtete Ergebnisse.
Doch dann kaufte der damals führende PC-Hersteller Compaq 1998 den Hersteller von Altavista, um sich stärker im Business-Markt zu positionieren. Für die Suchmaschine begann damit ein quälend langer Abstieg. Über eine Serie von Verkäufen landete Altavista 2003 schließlich bei Yahoo. Um Anschluss zu Google und anderen Anbietern zu behalten, versuchte die Seite einen Richtungswechsel: Altavista sollte ein Portal werden, dass neben der Suche auch Einkaufsangebote oder Nachrichten im Programm haben sollte.
Doch Altavista fiel weiter zurück, überrundet von den Angeboten von AOL, Yahoo oder Microsoft. Bereits Anfang 2000 bezeichnete ein Analyst Altavista als „vertane Chance“. Kurze Zeit später platzte die Dotcom-Blase, ein geplanter Börsengang von Altavista wurde abgesagt.
Ironischerweise trat Google seinen Siegeszug bei der Websuche mit eben jener Strategie an, von der Altavista sich abgewendet hatte. Anstelle einer bunten Portal-Seite voller Informationen stellte Google die Suchfunktion ins Zentrum. Inzwischen dominiert es den Markt für Websuche, in Deutschland liegt Googles Marktanteil bei mehr als 90 Prozent. Zudem schaffte es Google, mit der Internetsuche Geld zu verdienen.
Das funktioniert über Werbeanzeigen, die passgenau zu den Suchanfragen verkauft werden. Mit dieser Suchmachinenwerbung macht Google immer noch einen Großteil seines Umsatzes, auch wenn der Konzern inzwischen ein Imperium aus Kartendienst, Office-Angeboten und dem Handy-Betriebssystem Android aufgebaut hat.
Von Google kommt auch Yahoo-Chefin Marissa Mayer. Seit ihrem Start bei Yahoo vor einem Jahr bemüht sie sich um einen Richtungswechsel. Sie kaufte mehrere Unternehmen dazu, schloss aber andere Yahoo-Produkte. In der jüngsten Kehrrunde werden neben Altavista noch 11 weitere Dienste gekappt.
Das Ende von Altavista werden die meisten Internetnutzer kaum bemerken. Denn das einst erfolgreiche Suchangebot spielt inzwischen keine Rolle mehr am Markt - ein Schicksal, das Yahoo selbst unbedingt umgehen will.