Analyse: HP passt sich an „Post-PC-Welt“ an

Berlin/Palo Alto (dpa) - Als Apple-Chef Steve Jobs zum Start seines iPad-Tablets die „Post-PC-Welt“ ausrief, wurde das von vielen noch als Beispiel für seine oft überschwänglichen Werbe-Floskeln abgetan.

Spätestens heute lacht keiner mehr.

Der tiefgreifende Umbruch auf dem Milliardenmarkt, mit dem der bisher allgegenwärtige PC nur noch zu einem von vielen Geräten degradiert wird, ist nicht mehr von der Hand zu weisen. Jetzt will Hewlett-Packard, der weltgrößte Computer-Produzent, sein PC-Geschäft loswerden, das fast ein Drittel der Konzernerlöse einbringt.

Weil es nach Ansicht des deutschen Konzernchefs Léo Apotheker nicht mehr genug Rendite abwirft. Und weil sich HP bei lukrativen neuen Geräteklassen wie Smartphones und Tablets den Rivalen Apple und Google geschlagen geben muss. Der Anteil des HP-Betriebssystems webOS am Smartphone-Markt war zuletzt kaum nennenswert. Als Konsequenz lässt HP die webOS-Geräte nun komplett fallen. Für den iPad-Herausforderer TouchPad ist damit nach gerade einmal 49 Tagen schon Schluss.

Zählt man Notebooks und Tablets zusammen, ist Apple der weltgrößte Hersteller mobiler Computer, wie die Marktforscher von DisplaySearch errechneten. Und macht dabei wie bei allen seinen Geräten üppige Gewinne. „Der Tablet-Effekt ist real“, gab auch Apotheker in der Telefonkonferenz nach den Ankündigungen zu Protokoll. Hewlett-Packard bekommt ihn vor allem im PC-Geschäft mit Verbrauchern zu spüren, in dem der Umsatz im vergangenen Quartal um 17 Prozent absackte. Die Lösung von Apotheker ist radikal: Raus aus den margenschwachen Geschäftsbereichen, hin zu dem, was er seit seiner Zeit als SAP-Manager am besten kennt - Software.

Mit dem milliardenschweren Kauf des britischen Spezialanbieters Autonomy will HP groß ins Geschäft mit Software für Unternehmen einsteigen. Damit positioniert er den einstigen Elektro-Pionier noch stärker als Rivalen für seinen früheren Arbeitgeber SAP - und den US-Konzern Oracle, mit dem HP in einem emotional geführten Kampf verwickelt ist. Besonders brisant: Mark Hurd, Apothekers geschasster Vorgänger im Chefsessel von HP, spielt jetzt eine führende Rolle bei Oracle.

Mit der Entkernung folgt Hewlett-Packard überraschend deutlich dem Weg, den vor einigen Jahren IBM einschlug. Der Computerpionier verkaufte 2005 sein PC-Geschäft an die chinesische Firma Lenovo und setzte auf Großrechner und vor allem das Dienstleistungsgeschäft. „Ich glaube nicht, dass wir ein IBM-Klon sein wollen“, hatte Apotheker noch im März für den HP-Weg mit einem Dreiklang aus Software, Hardware und Dienstleistungen geworben.

Der Geräte-Bereich wird nun auf Server und Speicher für Firmen-Netzwerke und Drucker reduziert. Dabei hatte HP vor knapp zehn Jahren noch mehr als 20 Milliarden Dollar für den PC-Hersteller Compaq ausgegeben. Gründer-Sohn Walter Hewlett versuchte schon damals, den Deal zu torpedieren - weil er die Computer-Produktion für wenig lukrativ hielt.

Apotheker setzt jetzt - wie von Investoren schon lange gefordert - auf ertragsreiche Geschäftsbereiche, zu denen die Personal Computer schon lange nicht mehr gehörten. Beim Verhältnis von Umsatz und operativem Ergebnis fiel die Personal Systems Group (PSG) ganz klar aus der Reihe - im vergangenen Quartal lag die Rendite bei lediglich 5,9 Prozent. Die Software war besonders margenstark mit 19,4 Prozent. Aber auch Server, Dienstleistungen und Drucker werfen eine Rendite von 13 bis mehr als 14 Prozent ab.

Allerdings ist auch das verbliebene Hardware-Geschäft von Hewlett-Packard alles andere als wolkenfrei. Bei Servern liegt HP im Clinch mit Oracle um die Unterstützung für Itanium-Prozessoren, die das Herz vieler seiner Firmenrechner sind. HP trug den Streit vor Gericht, der Ausgang ist offen. Das Drucker-Geschäft lebt traditionell vor allem von den Tinten-Verkäufen, die massive Konkurrenz drückt auf die Preise. Und Apotheker hat gezeigt, dass er zu radikalen Einschnitten bereit ist, wenn es um Gewinn-Maximierung geht.