Analyse: Telekom setzt Netzausbau fort
Bonn (dpa) - Für Telekom-Chef Tim Höttges könnten die Dinge derzeit kaum besser laufen: Europas größter Telekommunikationskonzern treibt sein Wachstum voran und die Gewinne sprudeln wieder.
Freude bereitet dem Manager dabei nicht nur die boomende US-Tochter, die seit Monaten mit enormen Kundenzuwächsen die Konkurrenz aussticht. Auch auf dem Heimatmarkt laufen die Geschäfte immer besser: Im vierten Quartal erlösten die Bonner seit vielen Jahren erstmals wieder einen Zuwachs beim Umsatz. Und Höttges blickt in die Zukunft: „Mit massiven Investitionen in unsere Netze treiben wir den Ausbau zum führenden europäischen Telekommunikationsanbieter voran.“
Die Präsentation der Jahreszahlen ist für den Manager ein Jahr nach seinem Amtsantritt als Vorstandschef eine leichte Übung: Lässig gekleidet in blauem Anzug, dunkelblauem Hemd und ohne Krawatte tritt er lächelnd vor die Kameras. „Ich trage mein Hemd in der Hose und sehe nicht so gut aus“, witzelt Höttges in Anspielung auf den griechischen Finanzminister Gianis Varoufakis. Sein leicht legerer Kleidungsstil sei vielleicht auch „ein Signal für die Transformation des Unternehmens“, meint er dann schon etwas ernster.
Und dann legt Höttges los und beschreibt den Kurs, den die Telekom eingeschlagen hat. In Netze investieren, Kunden von der Qualität überzeugen - und am Ende höhere Umsätze und Ergebnisse ernten. Dabei ist der Manager keinesfalls bescheiden: „Wir haben das schlau gemacht.“ Eindrucksvoll, wie sich der Umsatz verbessert habe. „Wir mussten uns die Augen reiben, eine solche Entwicklung haben wir lange nicht mehr gesehen“, sagt er über das abgelaufene Geschäftsjahr.
Und diesen Kurs will die Telekom in den kommenden Jahren beibehalten. Mehr als vier Prozent Umsatz auf 62,7 Milliarden Euro und eine Verdreifachung des Konzerngewinns auf 2,9 Milliarden Euro waren es im vergangenen Jahr. Höttges ist davon überzeugt: „Die Zeichen stehen auf Wachstum - das soll keine Eintagsfliege sein.“ Mit kombinierten Produkten aus den Bereichen Mobilfunk, Festnetz und TV will die Telekom zur ersten Wahl in Europa werden.
Erst vor wenigen Wochen hatten sich die Bonner gemeinsam mit der französischen Orange vom britischen Mobilfunkgeschäft getrennt. Der landesweit größte Anbieter EE wurde an die BT Group verkauft. An dem britischen Festnetzanbieter, der nun wieder mit einer starken Mobilfunkflanke auf dem Markt vertreten ist, sicherte sich die Telekom dabei einen Anteil von 12 Prozent. Integrierte Anbieter, glaubt Höttges, haben im Telekommunitionsmarkt ein überlegenes Geschäftsmodell.
Das gilt langfristig auch für das US-Geschäft. T-Mobile liefert sich dort gerade ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Sprint um die Position des landesweit drittgrößten Anbieters. Wie lange die Telekom an ihrem US-Geschäft festhält, ist unklar und vermutlich nur eine Frage der Zeit. Berichte über mögliche Interessenten erwiesen sich bislang als Spekulation. Angesichts der gutlaufenden Geschäfte steht Höttges nicht unter Handlungszwang, er hält sich alle Optionen offen.
Dennoch - nicht alles läuft so glatt, wie sich Höttges das wünscht. Das zeigen unter anderem Probleme, die unter anderem bei der Umstellung des Telekom-Netzes auf IP-Basis auftreten. In den vergangenen Monaten war es mehrfach zu Kundenbeschwerden gekommen, weil die Umstellung nicht reibungslos verlief und Kunden vom Netz abgehängt wurden. Bei einer Umstellung von 50 000 bis 60 000 Kunden pro Woche gehe es aber nur um eine geringe Zahl, beteuert Höttges.
Gute Nachrichten gibt es unterdessen seit Wochen für T-Aktionäre. Auch wenn am Donnerstag der Kurs der Aktie etwas nachgab, hat das Papier in den vergangenen Wochen insgesamt stark zugelegt. Dabei befand sich die Aktie praktisch seit 2008 in einem Tiefschlaf. Die Notierung liegt mit derzeit rund 16 Euro pro Aktie - und damit wieder deutlich über dem Preis, mit dem der einst als Volksaktie gepriesene Anteilsschein der Telekom 1996 an die Börse gekommen war.