Analyse: Warten auf das neue iPhone bremst Apple aus
Cupertino (dpa) - Apples iPhone scheint in die Jahre gekommen. Während die Konkurrenz heute mit riesigen Bildschirmen und allerlei technischem Schnickschnack wie Funkchips zum mobilen Bezahlen aufwartet, hat Apple sein Smartphone seit der Premiere im Jahr 2007 stets nur behutsam überarbeitet.
Mal bekam das Kulthandy einen schnelleren Prozessor, dann neben einem neuen Design eine bessere Kamera oder einen schärferen Bildschirm.
Doch diese Modellpflege reicht den Kunden augenscheinlich nicht mehr. Die Verkaufszahlen wachsen nicht mehr in den Himmel, wie die jüngste Quartalsbilanz gezeigt hat. Viele Fans warten auf ein runderneuertes iPhone 5, das im Herbst erscheinen dürfte. Den genauen Starttermin und die technischen Details hält Apple wie immer geheim. Die Apple-Kunden erwarten aber nicht weniger als den bislang größten Sprung in der Geschichte des iPhone.
„Bei uns dreht sich alles darum, die besten Produkte der Welt zu bauen“, sagt Apple-Chef Tim Cook voller Selbstbewusstsein. „Dafür atmen wir, dafür leben wir und daran wird sich auch nichts ändern.“ Apple hatte mit dem Ur-iPhone das mobile Telefonieren revolutioniert, mit dem iPod-Musikspieler den Walkman geschlagen und mit dem iPad den Tablet-Computern zum Durchbruch verholfen.
Doch nun macht vor allem der südkoreanische Rivale Samsung dem kalifornischen Konzern das Leben schwer. Samsungs neues Smartphone Galaxy S3 ist längst auf dem Markt und erregt unter anderem mit seinem Riesendisplay von 4,8 Zoll (12,2 cm) viel Aufsehen. Das aktuelle iPhone 4S wirkt mit seinen 3,5 Zoll geradezu winzig dagegen. Fans hoffen beim Nachfolger auf mindestens 4 Zoll (10,2 cm).
Auch beim Preis ist Apple unter Druck geraten: Im Geschäft mit weniger spendablen Kunden punkten Samsung und andere Android-Anbieter mit Smartphones, die ähnlich aussehen und eine vergleichbare Funktionsvielfalt versprechen wie das aktuelle iPhone, aber nur die Hälfte kosten.
Wie ernst Apple die Gefahr nimmt, zeigt auch der mit aller Härte geführte Patentkrieg, den noch der verstorbene Steve Jobs angefangen hatte. Apple wirft seinen Rivalen Ideenklau auf breiter Front vor und verlangt milliardenschweren Schadenersatz.
Vor allem das iPhone hat Apple von einem Nischen-Computerbauer zu jenem Elektronikgiganten gemacht, der er heute ist. Die Kehrseite: Die Schwäche des iPhone ist auch die Schwäche von Apple. In den vergangenen drei Monaten konnte Apple „nur“ 26 Millionen Käufer für sein Kulthandy gewinnen. Damit lag Apple zwar im Bereich der selbst formulierten Erwartungen. Die Börse hatte aber mit deutlich höheren Absatzzahlen gerechnet. Und zum Start des iPhone 4S im Weihnachtsquartal hatte Apple noch 37 Millionen Geräte losgeschlagen, im Frühjahrsquartal immerhin noch 35 Millionen.
„Die Leute wollen das nächste Ding - und darüber bin ich super froh“, sagt Konzernchef Tim Cook. Zumindest rein äußerlich lässt er sich keinerlei Enttäuschung anmerken. „Wir sind zufrieden, wie sich das Geschäft entwickelt hat“, versichert auch Finanzchef Peter Oppenheimer. China wächst rasant, die USA halten sich, allerdings lahmt das Geschäft in Europa angesichts der Schuldenkrise.
Tatsächlich müssen sich die Investoren nicht ernsthaft Sorgen um Apple machen: Von einem Quartalsgewinn von 8,8 Milliarden Dollar bei 35 Milliarden Dollar Umsatz können die meisten anderen Firmen nur träumen. Nur in den USA könnte dies als schlechtes Quartal bezeichnet werden, bemerkte Gartner-Analyst Michael Gartenberg. „Aber Wall Street ist Wall Street.“
Doch das jüngste Quartal hat auch die Grenzen des aktuellen Geschäftsmodells von Apple aufgezeigt. Auch deshalb hängt nun soviel vom iPhone 5 ab. Gerüchten zufolge ist die Produktion in Asien bereits angelaufen. Bis Ende September könnte es in den Regalen stehen.
Fast schon trotzig wiederholt Apple-Chef Cook sein Mantra: „Wirtschaftliche Schwierigkeiten mögen uns seitwärts treiben, aber wir verfolgen unbeirrt den Kurs, die besten Produkte der Welt zu bauen.“