Apple-Chef baut Firmenspitze um
Cupertino (dpa) - Bei Apple beginnt eine neue Ära: Konzernchef Tim Cook legt die kreative Verantwortung in die Hand von Design-Guru Jony Ive. Ein massiver Umbau der Apple-Führungsspitze gibt Ive deutlich mehr Macht.
Er wird zusätzlich zur Design-Verantwortung konzernweit für das „Human Interface“ zuständig sein - also für die Gestaltung auch der Software und letztlich das Zusammenspiel von Mensch und Gerät. Er rückt damit der kreativen Führungsrolle des verstorbenen Apple-Gründers Steve Jobs näher, während Konzernchef Tim Cook sich weiter ums Geschäftliche kümmert.
Dagegen geht der einflussreiche Chef der iOS-Softwareplattform für iPhone und iPad, Scott Forstall, nach dem misslungenen Start des ersten eigenen Kartendienstes von Apple. Zudem hat sich der aus Großbritannien geholte Chef der Apple Stores, John Browett, nur wenige Monate gehalten. Der größte Umbau der Chefetage seit Jahren zeigt, dass Cook die Zügel fest in der Hand hat. Der „New York Times“ zufolge wurden Forstall und Browett „gefeuert“, auch wenn dies nicht in der offiziellen Mitteilung von Montag steht.
Der Brite Ive war bereits schon seit der Rückkehr von Gründer Steve Jobs vor 15 Jahren für das Design aller Apple-Geräte zuständig. Er hatte auch bisher schon eine Sonderrolle bei Apple: „Niemand kann ihm reinreden. Das habe ich so eingerichtet“, sagte Jobs seinem Biografen Walter Isaacson. Zugleich soll es in den vergangenen Jahren immer wieder Spannungen zwischen Ive und Forstall gegeben haben, der mit iOS die Software-Plattform für die beiden wichtigsten Geräte von Apple verantwortete: iPhone und iPad. Ive, der mehrfach durchblicken ließ, dass er sich oft zu sehr im Schatten von Jobs befand, bekam jetzt in der Apple-Mitteilung eine ausdrückliche Würdigung. Er sei „die treibende Kraft dahinter, wie Apple-Produkte seit mehr als einem Jahrzehnt aussehen und sich anfühlen“.
Mit dem Führungsumbau solle die Zusammenarbeit zwischen den Bereichen Hardware, Software und Dienste verbessert werden, erklärte Apple. Die Aufgaben Forstalls, der 2013 geht, werden entsprechend zwischen mehreren Managern aufgeteilt. So wird der Chef der Online-Plattform iTunes, Eddy Cue, die Verantwortung für die Kartendienste und den persönlichen Assistenten Siri übernehmen.
Die eigenen Karten für iPhone und iPad, auf die Apple im Herbst mit dem Marktstart des iPhone 5 umstieg, hatten heftige Kritik der Nutzer ausgelöst, weil sie zu fehlerhaft und ungenau sind. Tim Cook entschuldigte sich öffentlich dafür. Forstall trug als iOS-Chef auch die Verantwortung für den Kartendienst. Ihm wurden von Apple-Kennern Ambitionen auf den Chefposten nachgesagt. Das Magazin „Bloomberg Businessweek“ bezeichnete ihn einmal als „Zauberlehrling“ des legendären Apple-Gründers Steve Jobs.
Forstall habe oft seine Nähe zu Jobs betont und sich geweigert, mit anderen Top-Managern zu kooperieren, berichtete das „Wall Street Journal“ unter Berufung auf Apple-Insider am Dienstag. Nach dem Karten-Debakel lehnte es Forstall laut US-Medienberichten ab, Cooks Entschuldigungsbrief zu unterschreiben - und das soll das Fass zum Überlaufen gebracht haben. Die Karten sind nicht das einzige Problem in Forstalls Beritt: Auch die Qualität des Assistenten Siri, den Apple als ein einzigartiges Merkmal vermarktet, wird oft kritisiert.
Nun legt Apple die Verantwortung für seine beiden Betriebssysteme - iOS für mobile Geräte und OS X für die Mac-Computer - zusammen. Der bisherige OS-X-Chef Craig Federighi wird auch iOS übernehmen. Die Mac-Software hatte in den vergangenen Jahren immer mehr Anleihen aus der verwandten mobilen Version bekommen, auch weil iPhone und iPad mehr Nutzer als die Macs haben.
Hardware-Chef Bob Mansfield, der eigentlich in Ruhestand gehen wollte und von Cook zum Bleiben überredet wurde, leitet künftig eine neue Technologie-Sparte, die für Mobilfunk-Technik und Chip-Entwicklung zuständig sein wird.
Apple-Store-Manager Browett kam Anfang dieses Jahres von der britischen Elektro-Handelskette Dixons zu Apple und arbeitete zuvor beim Supermarkt-Konzern Tesco. Er war eine der ersten großen Personalentscheidungen von Tim Cook nach dem Tod von Gründer Jobs vor gut einem Jahr. Browett sorgte relativ schnell für eine Kontroverse mit Sparplänen für die Apple Stores, die rasch zurückgenommen wurden. Nach einem Nachfolger für ihn werde bereits gesucht, bis dahin werde Cook selbst die Führung übernehmen, hieß es.