Audi sucht in „Smart City“-Konzepten die Zukunft des Autos
Barcelona (dpa) - Weltweit kämpfen Megacitys mit den Folgen des rasant wachsenden Verkehrsaufkommens. In manchen Städten wie Mexico City, Peking oder Bangkok droht inzwischen der Stillstand auf den Straßen.
Gerade in solchen Metropolen bedarf es neuer Mobilitätskonzepte, darin sind sich Städteplaner und Autobauer einig. Doch das Ende des Individualverkehrs mit eigenem Auto sei noch längst nicht eingeläutet, sagte Audi-Chef Rupert Stadler der dpa am Rande des Smart City Expo World Congress in Barcelona. Gerade in China werde das eigene Fahrzeug derzeit immer wichtiger.
Einer der viel diskutierten Trends ist derzeit die gemeinsame Nutzung. Viele Zukunfts- und Marktforscher gehen davon aus, dass die Menschen in großen Städten sich für ihre eigene Mobilität künftig eher ein Fahrzeug teilen beziehungsweise je nach Bedarf mieten werden. Es werde aber auch in Zukunft weiterhin Besitzer, Eigentümer und Nutzer geben, sagte Stadler. „Mobilität ist ein Grundbedürfnis der Menschen.“ Und für viele gehe es darum, wie bequem eine Lösung ist. „Eine rollende Verzichtserklärung wird der Premium-Kunde nicht wollen.“ Das Markenbewusstsein werde eher noch zunehmen.
Dass auch mit der Entwicklung der selbstfahrenden Autos der emotionale Bezug der Kunden zum Auto der Oberklasse nicht schwindet, daran arbeitet auch Mercedes. Das Auto werde der dritte Aufenthaltsort neben dem eigenen Zuhause und dem Arbeitsplatz für die Menschen sein, betonte kürzlich Daimler-Managerin Anke Kleinschmit. Das Auto werde zum „mobilen Erlebnisraum“.
Der Raum im autonom fahrenden Fahrzeug werde für den vom Fahren entbundenen Nutzer neben der Zeit als Luxusgut in der Gesellschaft hinzukommen, ist Kleinschmit überzeugt. Mercedes stellte in Berlin zuletzt zahlreiche Konzepte wie 3D-Raumansichten mit zusätzlichen Informationen über die Umgebung und andere Unterhaltungssysteme mit virtueller Realität für das autonome Auto der Zukunft vor.
Die „„intelligente Stadt“ ist derzeit ein großes Schlagwort, wenn es um neue Lösungskonzepte geht. Viele sähen das Auto in der „Smart City“ nicht mehr als zeitgemäß an, sagte Stadler. Er habe jedoch eine andere Auffassung. Seine Vision sei, dass individuelle Mobilität künftig die Qualität urbanen Lebens bereichere. In der Audi Urban Future Initiative arbeitet der Autobauer seit 2010 daran, das Auto „smart“ zu machen. In Barcelona stellte der Autokonzern in dieser Woche unter anderem ein neues Projekt in der Innenstadt von Somerville an der Ostküste der USA vor.
Dort soll etwa das selbstständig einparkende Auto mehr Raum für das Leben der Menschen lassen. In Parkhäusern bräuchten solche Fahrzeuge jeweils rund zwei Quadratmeter weniger Raum, da sie auf schmaleren Strecken fahren und dichter nebeneinander abgestellt werden könnten. In der Innenstadt soll die Vernetzung von Fahrzeugen und Ampelanlagen für reibungslosen und entzerrten Verkehr sorgen.
Ohne eine mobile Revolution werde das Wachstum des Verkehrs die Städte paralysieren, sagte Stadtplaner Philip Parsons aus Somerville. Das Städtchen wird als der nach dem Silicon Valley am stärksten wachsende Wirtschaftsraum der USA bezeichnet und soll deshalb Vorbild-Charakter haben. Mit den neuen Konzepten soll mehr Platz für Fußgänger und Fahrradfahrer geschaffen werden. Das Aufkommen von parkenden Autos könne damit um 60 Prozent reduziert werden, die Emissions-Belastung um 15 Prozent. Das ergebe deutlich mehr Platz für Wohnen und Arbeiten sowie das öffentliche Leben in der Stadt.
Traditionelle Autokonzerne setzten mit ihren Konzepten zum selbstfahrenden Auto eher auf evolutionäre Entwicklungen, urteilt die Marktforschungsfirma IHS. Dagegen schlügen Unternehmen wie Google in ihren Forschungen einen revolutionären Weg ein. Google betont immer wieder, keine Absicht zu haben, selbst in großem Stil Autos zu bauen. Wer das Rennen gewinnen wird, werde entscheidend davon abhängen, wie intelligent all die Daten, die die Sensoren aus der Umgebung künftig empfangen, ausgewertet werden, so die Marktforscher.
Audi begrüße die Konkurrenz, sagte Stadler. Manchmal sei Kooperation und Vernetzung aber „smarter“. Schritt für Schritt wolle sich das Unternehmen von einem traditionellen Autohersteller zu einem Plattform-Anbieter wandeln. Im Fokus stehe dabei die Analyse großer Datenmengen für „nützliche Schwarmintelligenz“. Die ersten Schritte würden mit dem Kartengeschäft Here von Nokia getan, das der Konzern gerade gemeinsam mit BMW und Mercedes übernimmt. „Wir wollen, dass die Plattform auch offen für andere bleibt“, sagte Stadler. Und künftig sollen sich Städte ebenfalls damit vernetzen.