Auf Biegen und Brechen: iPhone-Zerstörung als Klick-Magnet
Berlin (dpa) - Ob sich das neue iPhone 6 Plus leichter verbiegen lässt, beschäftigt seit Tagen Nutzer und Medien. Apple wehrt sich gegen die Vorwürfe. Für Blogger sind unterdessen die Videos, in denen iPhones auf verschiedene Weise zerstört werden, ein gutes Geschäft.
Der Ablauf hat Tradition: Warten auf neue iPhones, lange Schlangen vor den Apple-Geschäften - und dann machen sich einige Leute daran, die frischen Geräte medienwirksam zu zerstören. In den vergangenen Tagen wurde vor allem das größere Modell iPhone 6 Plus unter anderem durchschossen, mit flüssigem Stickstoff eingefroren, aus einer Höhe von über zwei Kilometern abgeworfen und in einem Standmixer zerschreddert. Die entsprechenden Videos werden zum Beispiel auf der Google-Plattform YouTube munter angeklickt.
Praktischere Bedeutung für Nutzer im Alltag könnte die Frage haben, ob das dünne Aluminium-Gehäuse des bisher größten iPhones sich eventuell zu leicht verbiegen lässt. Der bisher nicht sonderlich bekannte YouTube-Kanal „Unbox Therapy“ wurde seit Dienstag (23. September) weltberühmt, nachdem sein Schöpfer Lewis Hilsenteger ein Video veröffentlichte, das zeigt, wie er ein iPhone 6 Plus mit bloßen Händen verbiegt.
Das iPhone sei schon vor dem Kraftakt vor laufender Kamera leicht angebogen gewesen, räumte der „Unbox“-Macher ein. Der Test dürfte auch nicht unbedingt wissenschaftlich fundiert sein. Dem Videoblogger könnte der viereinhalb Minuten lange Clip aber inzwischen nach den bekannten YouTube-Tarifen mit über 20 Millionen Klicks um die 100 000 Dollar an Werbeeinnahmen eingebracht haben. Während sich die „Bendgate“-Geschichte weltweit durch die klassischen Medien zieht, macht ihn das immer reicher. Im Internet tauchten Fotos von den bis zu 1000 Euro teuren Telefonen auf, die angeblich in Hosentaschen verbogen wurden. Laut Apple beschwerten sich bisher lediglich neun Nutzer über verbogene Geräte. Das Modell sei ausgiebig auf Belastungsfähigkeit getestet worden, erklärte der Konzern.
Immerhin funktionierte das Display des verbogenen iPhones im Video weiterhin. Ebenso wie das Gerät, das ein Blogger vom YouTube-Kanal „RatedRR“ einem Video zufolge nach dem Sprung aus einem Flugzeug mit einem Flügelanzug aus über zwei Kilometern Höhe fallen ließ. Es habe per GPS geortet werden können, das Display habe allerdings Risse bekommen - was man aber auch von Stürzen aus deutlich geringerer Höhe kennt. „RatedRR“ zerstörte insgesamt sechs iPhones. Das mit Flüssig-Stickstoff schockgefrostete Gerät zerbarst im Video unter dem Hammer in viele Splitter, ein weiteres wurde von einer Gewehrkugel durchbohrt.
Auch Konkurrenten sprangen auf den „Bendgate“-Zug auf. Apples Erzrivale Samsung betonte in einem Tweet, seine Smartphones hätten extra und nicht durch Zufall gekrümmte Bildschirme. Blackberry-Chef John Chen ermutigte bei der Vorstellung eines neuen Smartphones die Anwesenden augenzwinkernd, auch sein Gerät einem Verbiege-Test zu unterwerfen. Allerdings ist unklar, ob Chen als letzter lachen wird: Schließlich verkaufte Apple schon am ersten Wochenende über 10 Millionen Geräte der neuen iPhones - und Blackberry 1,6 Millionen im gesamten vergangenen Geschäftsquartal.
Auch die Süßigkeiten-Marke „KitKat“ sah in der Situation eine perfekte Überleitung zu ihrem üblichen Werbeslogan. „Wir verbiegen nicht, wir brechen“, hieß es in einem Tweet zum Foto eines durchgebrochenen Schokoriegels. „KitKat“ ist das Smartphone-Geschäft nicht ganz fremd: Die Marke fungierte bereits als Namensgeber für eine Version des rivalisierenden Google-Betriebssystems Android.
Apple leistete sich unterdessen selber eine kapitale Panne: Eine Aktualisierung der iPhone-Software iOS, die eigentlich Fehlfunktionen beheben sollte, sorgte stattdessen für noch größere neue Probleme und musste schnell zurückgezogen werden.