Ausgereift oder museumsreif? - Was alte Technik noch kann
Berlin (dpa/tmn) - Musik kommt von der Festplatte, Filme gibt es auf Blu-ray. Aber nicht jeder will seine ganze Sammlung digitalisieren oder auf ein neues Medium umsteigen. Deshalb gibt es einige alte Geräte noch immer zu kaufen - jedoch meist ohne technische Neuerungen.
„Ach, das gibt es noch?“ Beim Gang durch den Elektronikmarkt mag sich der eine oder andere das öfter fragen. Denn zwischen all den modernen Riesenfernsehern, Blu-Ray-Playern und Dockingstationen warten auch einige längst totgeglaubte Geräte auf Käufer. Darunter sind zum Beispiel Kassetten- und CD-Spieler für die Stereoanlage und unterwegs. Sogar Videorecorder gibt es noch, wenn auch in der Regel in Kombination mit einem DVD-Spieler.
Wer kauft diese Geräte noch? „Nicht jeder Kunde steigt gleich auf neue Technologien um“, erklärt Roland Stehle von der Gesellschaft für Unterhaltungs- und Kommunikationselektronik (gfu). Andere dagegen kaufen sich womöglich einen Blu-ray-Player, wollen ihre alte Videosammlung aber trotzdem nicht aufgeben. „Deshalb bleibt meist noch eine kleine Fangemeinde übrig“, sagt Stehle. „Und für die werden die entsprechenden Geräte angeboten.“
Ein Teil dieser Fangemeinde ist der Ring der Tonband- und Videofreunde, der sich auch mit analoger Technik beschäftigt. Für den Vereinsvorsitzenden Klaus Ramm hat das nicht nur nostalgische Gründe. „Auf manchen analogen Medien kann man Nuancen noch hören, die auf einem MP3-Player einfach untergehen“, sagt er. Ähnlich ist der Fall bei CDs: Die kann heute zwar jeder DVD- oder Blu-ray-Player abspielen, der Klang ist aber zumindest für einige Hifi-Fans mit geübten Ohren schlechter als auf einem CD-Player.
Zwar gibt es theoretisch die Möglichkeit, analoge Sammlungen zu digitalisieren, also auf den Computer zu übertragen. Für den Sammler Ramm kommt das aber schon aus praktischen Gründen nicht infrage: „Ich habe einige tausend Kassetten und Minidiscs“, erklärt er. „Bis ich die alle digitalisiert habe, würden Jahre vergehen.“
Viel Geld verdienen die Hersteller mit ihren alten Produkten nicht mehr. „Die Marktanteile und Stückzahlen bewegen sich im homöopathischen Bereich“, sagt Roland Stehle. 2012 wurden nach Daten der gfu zum Beispiel noch 60 000 DVD-Video-Kombigeräte verkauft, CD-Spieler für die Stereoanlage fanden immerhin 77 000 neue Käufer. Das Geschäft mit der vergessenen Technik lohnt sich für manche Firma trotzdem, erklärt Stehle - etwa weil es nur wenig Konkurrenz gibt. In der Regel sind es nur noch ein oder zwei Hersteller, die die inzwischen exotische Technik produzieren. Große Neuerungen erwarten die Kunden auch nicht mehr. „Die Unternehmen halten die Geräte im Programm und decken einfach den Markt ab“, sagt Stehle.
Ähnliches hat auch Klaus Ramm beobachtet: „Im Grunde sind das die gleichen Geräte wie vor einigen Jahren.“ Gibt es doch mal Neuerscheinungen, sind sie in der Regel nur online oder im Versandhandel zu finden, nicht in den großen Elektromärkten. Zielgruppe dafür sind ganz klar die Sammler.
Manche Geräte werden sogar gar nicht mehr hergestellt oder verkauft. Minidiscs werden heute zum Beispiel in Deutschland zwar noch angeboten, nicht aber die Player dazu, sagt Ramm. Freunde solcher Formate sind heute also auf gebrauchte Geräte angewiesen. Dafür muss es nicht unbedingt eBay oder ein anderer Onlinemarktplatz sein. „Es gibt noch einzelne kleine Läden, die gebrauchte Hifi-Geräte verkaufen“, erklärt Jürgen Nadler von der Stiftung Warentest. „Das sind zwar meistens eher Boxen und Tuner, da findet sich aber sicher auch das eine oder andere Abspielgerät.“
Gibt es Probleme mit den Altgeräten, bleibt statt des Neukaufs nur die Reparatur. Einige Werkstätten haben sich auf die Rettung alter Unterhaltungselektronik spezialisiert. „Die lassen sich das inzwischen natürlich gut bezahlen“, sagt Klaus Ramm. Dafür sind die Experten aber auch erfinderisch: Wird ein dringend benötigtes Ersatzteil vom Originalhersteller nicht mehr angeboten, bauen es die Profibastler oft selbst. Deshalb ist auch bei Geräten, die man heute noch neu kaufen könnte, die Reparatur oft die bessere Alternative. „Wenn ich noch ein hochwertiges Kassettendeck von früher habe, ist ein neues modernes Gerät vermutlich kaum besser“, gibt Jürgen Nadler zu bedenken.
Anders als zum Beispiel bei neuen Blu-ray-Playern ist es außerdem relativ wahrscheinlich, dass ein Experte den Fehler tatsächlich reparieren kann. „Je mehr mechanische Bauteile es gibt, desto größer ist die Chance, dass sich ein Defekt beheben lässt“, sagt Nadler. Oft sei es sogar nur ein einzelnes Verschleißteil, das den ansonsten gut erhaltenen Kassetten- oder Videorecorder ausbremst.