Bitte zum Diktat: Aufnahmen mit Rekorder und Smartphone
Berlin (dpa/tmn) - Jedes Smartphone hat ein Mikrofon, Aufnahme-Apps gibt es wie Sand am Meer - wer braucht da noch einen Digitalrekorder? Experten sagen: Für Profis lohnt sich die Anschaffung nach wie vor.
Grund dafür ist nicht nur die bessere Tonqualität.
Ein singendes Kind, ein Interview oder auch nur die eigenen Gedanken: Anlässe für Tonaufnahmen gibt es reichlich. Vor 20 Jahren wurden Töne noch mit Kassettenrekordern aufgezeichnet, später kamen digitale Audiorekorder hinzu. Heute kann jedes Smartphone Sprache und Musik mitschneiden. Lohnt sich da noch der Kauf eines separaten Diktiergeräts?
„Das technische Prinzip ist bei beiden Geräten gleich“, sagt Markus Bautsch von der Stiftung Warentest. Allerdings seien die Analog-Digital-Wandler und Mikrofone in den Rekordern meistens besser. „Zwischen einer Aufnahme mit einem digitalen Rekorder und einer Smartphone-App bestehen hörbare Unterschiede, sowohl bei Sprache als auch bei Musik“, sagt auch Michael Schidlack vom IT-Verband Bitkom. Schließlich sei das Mikro im Smartphone nicht für Tonaufnahmen, sondern für das Telefonieren optimiert.
Telefone nehmen Töne meistens kugelförmig in alle Richtungen auf, erklärt Bautsch. Digitalrekorder haben dagegen ein oder mehrere Mikros, die in bestimmte Richtungen zeigen. Störende Hintergrundgeräusche bleiben so eher außen vor. Außerdem machen viele Smartphones nur Mono-Aufnahmen, bemängelt der Experte: „Wenn man einen Sprecher aufnimmt, ist das noch okay, bei zweien fehlt schon der räumliche Eindruck.“ Bei vielen Smartphones lasse sich der Klang von Aufnahmen mit einem externen Mikrofon verbessern, das allerdings schnell um die 200 Euro kostet: „Dann haben Sie eine vergleichbare Qualität, aber auch ähnliche Kosten wie für einen Rekorder.“
Das Smartphone habe zwar eine größere Oberfläche für die Bedienung, ein Rekorder aber dagegen mehr Schalter und Knöpfe direkt am Gerät, „so dass man nicht lange im Menü suchen muss“, sagt Bautsch. Audiorekorder lassen sich außerdem oft auf einem Stativ befestigen und per Infrarotsignal aus der Ferne steuern, Handynutzer müssen auf solchen Komfort verzichten. „Für mich kommt ein Smartphone nicht infrage“, sagt Bautsch. Gute Rekorder mit mehreren Mikrofonen, die theoretisch auch Vierkanalaufnahmen ermöglichen, seien schon für rund 160 Euro erhältlich.
Fabien Röhlinger nutzt für Interviews immer sein Smartphone. Auch Laien könnten damit beim Aufnehmen kaum Fehler machen, sagt der Redakteur vom Onlinemagazin „Techstage.de“. Wichtig sei nur, dass sie das Mikro nicht mit den Fingern verdecken. Verlässlich gute Aufnahmen bekomme außerdem nur, wer mindestens 400 Euro in ein Smartphone der Oberklasse investiert. Bei günstigen Modellen sei die Mikrofonqualität Glückssache: „Es gibt welche, bei denen die Qualität unterirdisch ist, und andere, die passable Aufnahmen machen.“
Dafür habe das Smartphone aber auch einen entscheidenden Vorteil, sagt Röhlinger: „Es ist immer dabei, außerdem kann man die Daten sofort überall hinschicken.“ Mit den zahlreichen Aufnahme-Apps lassen sich die Aufnahmen oft sogar direkt auf dem Gerät bearbeiten. Damit kommt aber nicht jeder klar, warnt Markus Bautsch: „Ich brauche einen großen Bildschirm, am Smartphone ist mir das zu fummelig.“
Für die Nachbearbeitung am PC fehlen allerdings oft die passenden Tools: „In den Betriebssystemen für PCs und Macs ist einiges für Videoschnitt dabei, Audio wird eher stiefmütterlich behandelt“, klagt Bautsch. Wer einen Audiorekorder kauft, bekommt zwar häufig die Software bekannter Hersteller dazu. Allerdings sei das nicht immer die Vollversion. Eine gute Alternative ist das Open-Source-Programm Audacity, das online kostenlos heruntergeladen werden kann.
Ein weiterer wichtiger Unterschied zwischen Smartphone und Rekorder ist die Kapazität: „Smartphones haben in der Regel 16 bis 32 Gigabyte Speicher eingebaut“, erklärt Michael Schidlack. Bei vielen Geräten lässt er sich außerdem per SD-Karte erweitern. „Der Speicherplatz muss allerdings mit allen anderen Programmen und Diensten auf dem Telefon geteilt werden“, sagt Schidlack.
Digitale Rekorder speichern ihre Aufnahmen in der Regel auf SD-Karten, die auch bei Digitalkameras zum Einsatz kommen. Je nach Modell finden darauf bis zu 128 Gigabyte an Aufnahmen Platz, außerdem lassen sich die Karten schnell und unkompliziert austauschen. Wie schnell der Speicherplatz erschöpft ist, hängt vor allem von der Komprimierung der Aufnahmen ab - je besser der Klang, desto größer die Datei. „Im WAV-Format mit 24 Bit bedeuten 30 Minuten Vierkanalaufnahme rund ein Gigabyte Speicherplatz“, erklärt Bautsch. Sowohl bei Digitalrekordern als auch auf dem Smartphone stehen in der Regel verschiedene Formate zur Auswahl.