Objektivität unter der Lupe Bundeskartellamt prüft Zuverlässigkeit der Vergleichsportale

Bonn (dpa) - Viele Verbraucher greifen vor einer Reisebuchung, dem Wechsel des Stromversorgers oder dem Abschluss einer Versicherung auf Preisvergleichsportale im Internet zurück. Doch die Zuverlässigkeit der Online-Entscheidungshilfen ist umstritten.

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Jetzt will das Bundeskartellamt die Objektivität der Vergleichsportale prüfen. Die Wettbewerbsbehörde kündigte an, sie habe eine „Sektoruntersuchung“ eingeleitet, um „mögliche Verstöße gegen verbraucherrechtliche Vorschriften aufklären und konkretisieren zu können“. Im Zentrum sollen Portale für Reisen, Energie Versicherungen, Finanzdienstleistungen und Telekommunikation stehen.

Kartellamtspräsident Andreas Mundt betonte, Millionen von Verbrauchern informierten sich täglich mit Hilfe von Vergleichsportalen im Netz. Dabei gehe es um Buchungen über hohe Beträge und weitreichende Vertragsabschlüsse. „Wir müssen sicherstellen, dass die Verbraucher sich dabei auf die Zuverlässigkeit, die Objektivität und die Transparenz der Portale verlassen können“, sagte der Chef der Wettbewerbsbehörde.

Es ist das erste Mal, dass das Kartellamt seine im Sommer durch eine Gesetzesnovelle erweiterten Kompetenzen im Verbraucherschutz einsetzt. Sie geben der Behörde die Möglichkeit, bei begründetem Verdacht auf gravierende Verstöße gegen verbraucherrechtliche Vorschriften Sektoruntersuchungen durchzuführen. Diese richten sich nicht gegen bestimmte Unternehmen, sondern sollen Praktiken in einem gesamten Wirtschaftszweig prüfen.

Verbraucherschützer hatten in der Vergangenheit wiederholt auf Schwächen vieler Vergleichsportale hingewiesen. Erst im Frühjahr kam der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) nach zwei Studien zu Versicherungen sowie Raten- und Konsumentenkredite zu dem Ergebnis: „Verbraucher können keinesfalls sicher sein, dass sie in der Standardsortierung an erster Stelle das beste Ergebnis erhalten.“ Oftmals sei nicht einmal sichergestellt, dass die Verbraucher überhaupt für sie passende Produkte erhielten.

Kritik übten die Verbraucherschützer nicht zuletzt daran, dass für die Nutzer oft kaum nachvollziehbar sei, wie die Plattformen zu ihren Empfehlungen kämen und welchen Einfluss Provisionszahlungen auf das angezeigte Ranking hätten. Miika Blinn vom Bundesverband der Verbraucherzentralen begrüßte die Untersuchung. „Das Kartellamt kann hinter die Kulissen blicken, wir können das nicht.“

„Wir versuchen jetzt ein bisschen Licht ins Dunkel zu bringen“, betonte ein Kartellamtssprecher. Die Behörde will dazu bis Jahresende umfangreiche Fragebögen an zahlreiche Vergleichsportale versenden. Offen ist aber, was passiert, wenn die Behörde tatsächlich Missstände aufdecken sollte. Denn sie könne zwar die Vorgänge untersuchen und mögliche Verstöße beim Verbraucherschutz beim Namen nennen, habe aber vom Gesetzgeber bislang keine Möglichkeiten eingeräumt bekommen, dagegen vorzugehen, hieß es in Bonn.