„Internet der Dinge“ Connected Living: Branche fordert mehr Standards ein

Berlin (dpa) - Die digitale Vernetzung aller Lebensbereiche stellt die Anbieter digitaler Technologien und Anwendungen vor neue Herausforderungen. Sie alle müssten jetzt zusammenkommen, sagte Heinrich Arnold, Chef der Beratungsfirma Detecon.

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„Die Fülle neuer Technologien bewirkt aktuell, dass eine Möglichkeit und Notwendigkeit für industrieübergreifende Partnerschaften entsteht.“ Aber: „Man muss sich auch finden.“ Die Konferenz Connected Living, eine der europaweit größten industrieübergreifenden Vereinigungen, biete dafür eine wichtige Plattform zum Austausch.

Es gebe einen großen Bedarf an Standards und einheitlichen Plattformen, waren sich die Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Forschung in Berlin auf der Konferenz einig. Derzeit würden aber alle noch verschiedene Protokoll-Sprachen sprechen, sagte Sahin Albayrak von der TU Berlin. Das Internet der Dinge bestehe aus Millionen vielfältigster Geräte, die verbunden werden. „Es wäre schön, wenn wir in Deutschland endlich über eine Standardisierung reden könnten“, sagte Albayrak.

Bei der Entwicklung von Anwendungen wie autonomes Fahren oder vernetztes Heim müssten die Hersteller jedoch auch aufpassen, dass der Nutzer nicht überfordert werde, sagte Wolf-Dieter Lukas vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. Die Interaktion von Mensch und Technik müsse nutzerfreundlicher gestaltet werden. Einen großen Schritt in diese Richtung dürften Lösungen gehen, die über Sprache gesteuert werden.

Vor allem im Dienstleistungs- und Versicherungsbereich werde es künftig zahlreiche Anwendungen geben, die auf Basis von künstlicher Intelligenz und mit Hilfe lernender Systeme Dienstleistungen anbieten werden, sagte Lukas. Die Entwicklung wolle die Bundesregierung mit der Unterstützung von neuen Anbietern und Gründern begleiten.

Für eine breitere Akzeptanz unter den Nutzern schlug Lukas vor, nicht von autonomen Systemen, sondern von Assistenz-Systemen zu sprechen. „Autonomes Fahren“ sei der falsche Begriff. Die Nutzer wollten selbstbestimmt bleiben. „Ein autonomes Fahrzeug will niemand.“ Frage man dagegen nach dem Interesse an weitreichenden Assistenz-Systemen, sei der Bedarf groß. „Der Bedarf ist dort, wo man Nutzen verkauft, nicht die Technik.“

Bei der Entwicklung der vernetzten Mobilität und selbstfahrender Autos ist Deutschland nach Einschätzung von Lukas gut aufgestellt. „Die meisten Patente dazu kommen aus Deutschland.“ An erster Stelle stünden Zulieferer wie Bosch und Conti, danach käme „eine ganze Weile gar nichts“. Es fehle aber ein wenig an dem „Mut zu sagen, wir sind gut“.

Beim Internet der Dinge gebe es für deutsche Anbieter eine große Marktchance, schätzt Arnold. Das „digitale Telefonbuch“ sei bereits an Facebook vergeben. „Das digitale Referenzbuch der Dinge ist aber noch zu haben.“ Die meisten der dort abgebildeten physikalischen Dinge hätten etwas mit Europa zu tun.

Für die erfolgreiche Transformation der Industrien sei aber auch Unterstützung aus der Politik gefragt, forderte Arnold. „Das Silicon Valley würde es nicht geben, wenn vor 60 Jahren dort das US-Verteidigungsministerium massiv investiert hätte.“ Ministerialdirektor Lukas kündigte an, dass die Bundesregierung plane, im Zuge des zu erwartenden Ausbaus der Investitionen in die Verteidigung auch die IT zu stärken.

Auf der Konferenz Connected Living diskutieren Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Forschung noch bis Donnerstag, wie Unternehmen die Potenziale der digitalen Transformation erkennen und nutzen können. Das Innovationszentrum des Industrieverbands unterstützt seit mehr als sieben Jahren die Bildung branchenübergreifender Partnerschaften zur Entwicklung von Lösungen für das vernetzte Leben.