Den Kinderschuhen entwachsen: Gründer steuert Google
Mountain View (dpa) - „Tägliche Aufsicht durch Erwachsene nicht mehr nötig!“ - Mit dieser knappen Botschaft, geschickt über den Kurznachrichtendienst Twitter, verkündete Google-Chef Eric Schmidt am Donnerstagabend seinen Rückzug in die zweite Reihe.
Seine Ziehkinder sind flügge geworden, vor allem einer: Larry Page. Der Mitgründer von Google ist der neue starke Mann im Konzern.
Page hatte Google 1998 zusammen mit seinem Studienkollegen Sergey Brin aus der Taufe gehoben. Sie waren begnadete Entwickler, doch als Geschäftsführer totale Anfänger. Deshalb holten sie den erfahrenen Manager Schmidt ins Unternehmen, quasi als Familienoberhaupt. Schmidt war es, der Google den Weg von einem aufstrebenden Internetsuch-Unternehmen zu einem breit aufgestellten Technologiekoloss ebnete.
Schmidt leitete das Tagesgeschäft, damit sich Page und Brin um die Entwicklung der Produkte kümmern konnten. Entscheidungen trafen letztlich alle drei gemeinsam. „Als ich 2001 zu Google gekommen bin, hätte ich mir in einem wildesten Träumen nicht vorstellen können, dass wir mal so weit kommen würden“, sagt Schmidt heute.
Aus dem Studentenprojekt ist ein Weltkonzern geworden. Mehr als 24 000 Mitarbeiter kümmern sich um Internetsuche, Smartphones, Onlinevideos oder Bürosoftware. Und da liegt das Problem: Google ist zu groß und zu kompliziert. Es ist nicht mehr klar, wer für was zuständig ist. Das Triumvirat, wie Schmidt es selbst nennt, funktioniert nicht mehr.
Andere sind mittlerweile flinker, wendiger und schneller in ihren Entscheidungen: Apple hat mit Steve Jobs eine charismatische Führungsgestalt, auch wenn der momentan eine Auszeit wegen seiner angeschlagenen Gesundheit nimmt. Und bei Facebook macht Mark Zuckerberg keinerlei Anstalten, die Fäden aus der Hand zu geben. Mit beiden Konzernen ringt Google um die Führung im mobilen Internet, bei den digitalen Medien und bei der Werbung.
Seit Donnerstagabend ist aber auch bei Google wieder klar, wer der Herr im Hause ist: Larry Page wird ab April das Sagen haben. „Eric ist ein toller Firmenchef und ich habe viel von ihm gelernt“, sagt Page. Und Schmidt sagt: „Keine Frage, Larry ist bereit, das Unternehmen zu führen.“ Der unternehmerische Nachwuchs Page hatte zehn Jahre lang Zeit, sich auf seine Rolle vorzubereiten. Er konnte Schmidt jeden Tag über die Schulter gucken. „Ich bin sicher, dass er einen fantastischen Job machen wird“, sagt Schmidt.
Doch was macht sein Kompagnon Sergey Brin? Der macht das, was ihm schon an der Uni am meisten lag: Er tüftelt an neuen Produkten. „Die Rolle passt perfekt zu ihm“, sagt Schmidt väterlich. „Sergey ist bis ins Mark ein Erfinder und Gründer.“ Die Zeit, in der beide wie Zwillinge auftraten mit gleichen Rechten und Pflichten, ist damit aber vorbei. Jetzt gibt es einen kleinen und einen großen Bruder.
Schmidt wird im Unternehmen bleiben und als Botschafter nach Außen auftreten. Und wenn es doch mal hakeln sollte, kann der Ziehvater immer noch eingreifen: „Die wichtigen Entscheidungen werden wir auch weiterhin miteinander bereden“, sagt er. „Als Freunde, Kollegen und Computerspezialisten haben wir viel gemeinsam.“