Deutschland: Nachzügler bei Computer-Cloud
Baden-Baden (dpa) - Die Möglichkeit, Daten für alle zugänglich in Computer-Clouds zu speichern, verändert die Produktion. Fachleute sprechen von „Industrie 4.0“. Die Entwicklung dauert jedoch länger als erwartet.
Deutschland könnte zum Nachzügler werden.
„Die Computer-Cloud wird in der Automation heute noch nicht nennenswert genutzt“, sagte der Vorsitzende der Gesellschaft Mess- und Automatisierungstechnik (GMA), Kurt Bettenhausen. Anlass war ein Kongress des Vereins Deutscher Ingenieure zum Thema „Industrie 4.0“, zu dem rund 500 Fachleute angereist waren.
Bettenhausen warnte zudem davor, dass deutsche Anbieter bei dieser weltweiten Entwicklung das Nachsehen haben könnten. Laut einer VDI-Umfrage sieht nur ein Drittel der Ingenieure deutsche Computerentwickler auf der Erfolgsspur.
Als „Industrie 4.0“ werden Produktionsverfahren bezeichnet, bei denen Maschinen und Mitarbeiter über eine Computer-Cloud miteinander vernetzt sind, Daten austauschen und beständig an Verbesserungen arbeiten. Die Cloud dient als Datenspeicher, als Börse für interne Mitarbeiter und externe Experten und nicht zuletzt als Plattform für neue Geschäftsmodelle.
Diese Möglichkeiten werden laut Umfrage von etwa der Hälfte der Unternehmen noch gar nicht genutzt. Ein Drittel hält die Cloud zudem nicht für gewinnbringend. „Allerdings bereiten sich auch mehr als ein Drittel der Unternehmen auf eine breitere Nutzung der Cloud vor“, sagte Bettenhausen. Bis die neue Entwicklung wirklich Fahrt aufnehme, würden noch rund fünf Jahren vergehen, ergab die Befragung der knapp 300 Mitglieder - vom Studenten bis zum Ruheständer. „Dabei zeigte sich die jüngere Generation deutlich aufgeschlossener.“
Das größte Problem sind nach Auskunft von Bettenhausen die Sicherheitsbedenken gegenüber der neuen Technik. An dieser Stelle müssten die Anbieter intensiv arbeiten und aufklären. Bedenklich nannte er auch, dass ein Großteil der Ingenieure den deutschen Anbietern nicht viel zutrauen. „Das hat sicher mit der privaten Computernutzung zu tun, die von amerikanischen oder amerikanisch anmutenden Firmen dominiert wird“, sagte Bettenhausen. Unter diesen Anbietern seien aber etliche erfolgreiche deutsche Unternehmen. „Sie müssen nur aufpassen, dass sie auch als solche wahrgenommen werden.“
Für Detlef Zühlke, Wissenschaftlicher Direktor für Innovative Fabriksysteme in Kaiserslautern, war das Ergebnis der Umfrage nicht überraschend. „Wir erleben einen Quantensprung der industriellen Entwicklung, eine Revolution. Aber kein Unternehmen reagiert revolutionär.“ Die neue Computertechnik und die damit verbundenen Veränderungen müssten erst langsam in die Industrie einfließen.
Für den Erfolg sei entscheidend, die Kommunikation zwischen Mensch und Maschine zu verbessern. „Die Arbeitsabläufe werden komplexer. Für die Menschen müssen wir sie aber verständlicher machen“, sagte Zülke. Er widersprach zudem der Ansicht, „Industrie 4.0“ könnte zum Verlust vieler Arbeitsplätze führen: „Wir werden nicht weniger, aber anders qualifizierte Mitarbeiter brauchen.“