Comeback der Traditionsmarken Ein Wiedersehen mit Telefunken, Grundig und Nordmende

Berlin (dpa) ­ Ingenieure von Telefunken haben in den sechziger Jahren das Farbfernsehen entscheidend mitentwickelt. Dem Team um Telefunken-Veteran Walter Bruch gelang es damals, PAL als dritten Weltstandard für das Farbfernsehen zu etablieren.

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Doch ausgerechnet mit dem Farbfernseher begann der Abstieg der deutschen Traditionsmarke, die 1903 auf den Befehl von Kaiser Wilhelm II. gegründet worden war. Es fehlte das Kapital und das unternehmerische Geschick, um mit aufsteigenden Marken aus Asien mitzuhalten.

Auch eine Fusion 1967 mit dem Elektroriesen AEG konnte nicht verhindern, dass Telefunken den Trend verpasste, den damals japanische Konzerne wie Sony vorgaben. In den achtziger Jahren wurde die Telefunken AG fast vollständig zerschlagen. Die Markenrechte landeten über den AEG-Konzern kaum mehr beachtet bei der Daimler AG.

2007 startete der Investor Hemjö Klein einen spektakulären Versuch, der Marke neues Leben einzuhauchen. Der ehemalige Bahn-Vorstand kaufte die Markenrechte für einen zweistelligen Millionenbetrag, um Unterhaltungselektronik unter dem Namen Telefunken anbieten zu können.

Der Wiederbelebungsversuch verlief allerdings zunächst ziemlich holprig. Hartmut Esslinger, der einst mit seiner Firma frog Design wichtige Produkte für Apple entwickelt hatte, zog sich schon nach einem Jahr enttäuscht aus dem Projekt zurück. Doch auch ohne eine aktive Mitarbeit des Stardesigners erschienen in den Elektrofachmärkten dann wieder Produkte unter der Marke Telefunken. Allerdings gibt es kein zentrales „Telefunken-Werk“ mehr in Deutschland oder sonstwo, sondern ein Lizenzgeschäft mit ganz unterschiedlichen Partnern.

Die Telefunken-Fernseher, die auf der IFA 2017 mit aktueller 4K-Technik zu sehen sind, stammen vom türkischen Konzern Vestel, einem der größten Produzenten im Bereich Unterhaltungselektronik und Haushaltsgeräte weltweit. Vestel bietet aber auch Haushaltsgroßgeräte - also Kühlschränke, Waschmaschinen und anderes - unter dem Namen Telefunken an. Die SB-Warenhauskette Real zeigt in diesem Jahr unter dem Berliner Funkturm Lautsprecher und DABplus-Radios mit dem Telefunken-Logo. Der sauerländische Mittelständler Briloner Leuchten bietet unter der Marke Telefunken Lichtlösungen an. Und aus Baden-Württemberg segelt die Karcher AG unter der Telefunken-Flagge und zeigt neue E-Bikes.

Die Lizenz-Partner profitieren dabei von der immer noch erstaunlich hohen Bekanntheit der Marke „Telefunken“. Auch über 30 Jahre nach dem Untergang der Telefunken AG können heute drei von vier Menschen in Deutschland etwas mit diesem Markennamen anfangen, bekräftigt das Unternehmen. Telefunken-Geschäftsführer Christian Mayer geht es aber nicht um ein Lizenzgeschäft für beliebige Produkte. „Ziel ist es, konsequent an die traditionellen Markenwerte anzuknüpfen“, sagte er der dpa. Und das scheint sich zu rechnen: Im globalen Ranking der Top 150 Lizenzgeber steht Telefunken in diesem Jahr mit einem Handelsumsatz in Höhe von 471 Millionen Dollar weltweit auf Platz 74, Tendenz steigend.

Neben Telefunken gibt es eine lange Reihe von Elektronikunternehmen aus Deutschland, die einst weltweit Akzente gesetzt haben, dann aber in finanzielle Schwierigkeiten gerieten. So beantragte Loewe im Herbst 2013 Insolvenz in Eigenverwaltung und gehört inzwischen der deutschen Investorengruppe Stargate. Auf der IFA versucht Loewe, mit futuristisch designten OLED-Fernsehern im oberen Marktsegment zu punkten.

Das fränkische Unternehmen Metz, das seit den Fünfzigerjahren Fernseher produziert hat, ging 2014 insolvent und landete dann beim chinesischen TV-Hersteller Skyworth. Auf der IFA zeigt Metz seinen ersten LCD-Fernseher mit HDR-Technologie. Der höhere Kontrastbereich bei HDR (High Dynamic Range) verspricht ein lebendigeres Bild mit klarer Durchzeichnung in Schatten und in hellen Bereichen.

Während Metz einem verkleinerten Mitarbeiterstamm weiterhin im fränkischen Zirndorf TV-Geräte baut, hat sich der einstige Elektronikriese Grundig komplett aus Franken verabschiedet. Das 1946 gegründete Nürnberger Traditionsunternehmen rutschte nach einem jahrelangen Niedergang im Jahr 2003 in Insolvenz und wurde zerschlagen. Auch hier überlebte immerhin der Markenname.

Seit 2007 gehört Grundig zur türkischen Holding Koç, die mehrheitlich den Haushaltsgeräte-Hersteller Arçelic hält. In Nürnberg blieben zunächst noch Verwaltung, Planung und Logistik. Vor einem Jahr wurde aber auch der Grundig-Stammsitz in Nürnberg aufgegeben. Den verbliebenen 72 Mitarbeitern wurde angeboten, nach Neu-Isenburg in Hessen umzuziehen, wo die türkische Grundig-Mutter ihre Deutschland-Aktivitäten bündelt. In Nürnberg hatten einst bis zu
39 000 Menschen für Grundig gearbeitet.

Grundig will auf der IFA 2017 ebenfalls mit einem OLED-Fernseher punkten, der ebenfalls die HDR-Technologie beherrscht. Ähnlich wie bei Telefunken findet man unter der Marke Grundig aber inzwischen auch „weiße Ware“, also Waschmaschinen, Kühlschränke, Staubsauger sowie große und kleine Geräte für die Küche.

Auf der IFA 2017 erlebt eine weitere Kultmarke aus Deutschland ihre Wiederauferstehung. Die Firma TechniSat aus Daun in der Eifel haucht Nordmende neues Leben ein. Nordmende, 1923 in Dresden gegründet, war in den frühen Jahren der BRD einer der führenden deutschen Hersteller von Radios, Fernsehern, Tonbandgeräten und Plattenspielern.

Aber wie bei den anderen Marken aus Deutschland ging es bei Nordmende dann bergab. Nach einem Verkauf an den französischen Staatskonzern Thomson-Brandt gingen in den Achtzigerjahren im Werk in Bremen die Lichter aus. TechniSat-Chef Stefan Kön hofft nun, dass zumindest die „Generation 40 plus“ mit der Marke Nordmende weiterhin eine gute Qualität und technische Leistung verbindet. Dazu will TechniSat an die Wurzeln von Nordmende in Sachsen zurückkehren: Zumindest zwei neue Nordmende-Digitalradios wurden nach Angaben von TechniSat in Dresden entwickelt und werden in Schöneck im Vogtland produziert.