Enttäuschte Erwartungen: Nur ein iPhone 4S von Apple

Cupertino/London (dpa) - Wer auf ein radikal neues iPhone 5 gehofft hatte, wurde enttäuscht: Apple hat sein Smartphone weiterentwickelt, aber nicht besonders radikal. Nutzer sollten aber einen genauen Blick auf die Software-Innovationen werfen - die haben es in sich.

Mit dem neuen iPhone 4S wird man im Café kaum neugierige Blicke auf sich ziehen. Das neue Smartphone von Apple unterscheidet sich äußerlich kaum vom populären Vorgänger-Modell iPhone 4. Apple-Fans warteten am Dienstag (4.10.) vergeblich auf ein radikal neugestaltetes iPhone 5. Zwischen den enttäuschten Facebook-Einträgen und Tweets der Fans gingen allerdings wichtige Neuerungen unter, die Apple mit einem großen Software-Update auf den Markt bringt. Auch die Börse reagierte zunächst enttäuscht.

Das neue iPhone - ab 14. Oktober auf dem Markt - hat jetzt einen deutlich schnelleren Chip und eine bessere Grafik. Das ist wichtig für die iPhone-Besitzer, die das Smartphone als eine mobile Spiele-Konsole verwenden. Die neue 8-Megapixel-Kamera wird noch mehr einfache Fotoapparate in der Schublade altern lassen. Schon heute ist das iPhone auf großen Foto-Portalen wie Flickr das populärste Kamera-Modell. Apple verpasst dem iPhone nun auch eine neue Antennentechnik - nachdem sich manche Nutzer über Empfangsprobleme beim iPhone 4 beschwert hatten. Für den Erfolg von Apple in den USA ist sehr wichtig, dass das iPhone 4S als „Weltphone“ nun auch den CDMA-Standard beherrscht, mit dem beispielsweise die Mobilfunkprovider Verizon Wireless und Sprint arbeiten.

Mit dieser Serie von Verbesserungen will sich Apple im harten Wettbewerb im Smartphone-Markt behaupten. In entwickelten Märkten wie Westeuropa oder den USA ist bereits mehr als jedes zweite verkaufte Mobiltelefon ein Smartphone - und immer mehr Geräte laufen mit dem Google-Betriebssystem Android. Apple kann aber auf eine treue Kundschaft zählen. Dafür sorgt allein schon die von Apple etablierte App-Ökonomie: Die 18 Milliarden im App Store geladenen Programme sind mit ein Garant dafür, dass die Nutzer nicht so leicht zur Konkurrenz wechseln.

Jetzt setzt Apple lieber auf ein verbessertes Erlebnis mit dem iPhone statt auf neue coole Hardware. Eine Schlüsselfunktion des neuen Smartphones ist der intelligente „persönliche Assistent“ Siri, der mit Stimmbefehlen gesteuert wird. Apple nutzt dabei eine Entwicklung der übernommenen Startup-Firma Siri zur Sprachsteuerung. Die Funktion soll das Verhältnis zwischen Menschen und Maschine verändern. Zudem kann der Dienst in vielen Situationen Google ersetzen.

Apple-Manager Phil Schiller demonstrierte die Funktion auf der Bühne. Auf die Frage nach der aktuellen Wettervorhersage zeigte das Telefon das Wetter für San Francisco an. Und auf die Frage nach der Uhrzeit in Paris eine Uhr mit der richtigen Zeit. Sagt man dem Telefon „Wecke mich um 6.00 Uhr morgens“, stellt es automatisch einen Wecker. Ebenso sucht der Assistent etwa nach Restaurants oder Routen zum vorgegebenen Ziel. Siri versteht zunächst Englisch, Deutsch und Französisch.

Zum Start des nächsten iPhone bringt das neue Betriebssystem iOS 5 zahlreiche zusätzliche Funktionen und Verbesserungen. Es kommt am 12. Oktober heraus, ebenso wie der Online-Speicherdienst iCloud, mit dem Apple den Datenfluss zwischen verschiedenen Geräten radikal vereinfachen will. Der Musik-Dienst iTunes Match, der die Musik-Kollektion eines Nutzers aus dem Netz abrufbar macht, startet in den USA Ende Oktober.

Apple verstärkt sich auch bei ortsbezogenen Diensten: Mit der App Find My Friends kann man den aktuellen Aufenthaltsort seiner Freunde sehen, die sich dazu bereit erklärt haben. Der Dienst habe einfache und präzise Einstellungen zur Privatsphäre, betont Apple.

Mit iCloud will Apple das lästige Synchronisieren von Daten überflüssig machen. So können Fotos, die man mit dem iPhone gemacht hat, automatisch in dem Speicher der Software iPhoto auftauchen, gekaufte Apps oder Magazine können leicht aus dem Netz nachgeladen werden.

Für Neueinsteiger in den Smartphone-Markt und Besitzer eines älteren iPhones wird das neue Modell nach dem Kalkül von Apple auch ohne große Hardware-Neuerungen attraktiv sein. Besitzer eines iPhone 4 müssen dagegen noch warten, bis Apple nicht nur mit wichtigen Detailverbesserungen locken kann, sondern mit einem komplett überarbeiteten Design, das dann auch wieder die Aufmerksamkeit der Umgebung auf sich zieht.