Experte: Tablet-PCs bleiben Entertainment-Geräte
Hannover (dpa/tmn) - Tablet-PCs werden nach Expertenansicht in erster Linie Geräte zur Unterhaltung bleiben. „Schreiben ist damit auf Dauer ein Krampf“, sagte der Usability-Experte Tim Bosenick auf der CeBIT.
Die On-Screen-Tastatur eigne sich nur zum Tippen vergleichsweise kurzer Nachrichten. „Tablets sind wunderbar für aktive Entertainment-Nutzung wie Videos schauen oder spielen und die passive Business-Nutzung wie Mails lesen.“
Dass Tablets derzeit trotzdem auf vielen Schreibtischen liegen, sei eine Lifestyle-Erscheinung. Das Tablet-Revier sei sonst eher die Couch, sagte Bosenick, der Geschäftsführer des Beratungsunternehmens Sirvaluse ist. Gearbeitet werde dann aber am Laptop, erläuterte der Experte auf der Computermesse CeBIT in Hannover (1. bis 5. März).
Die Display- und damit die Gerätegröße ist bei Tablets entscheidend für ihre Vielseitigkeit. „Sieben Zoll ist ein gutes Format, das passt gerade noch in die Jackentasche“, sagte Bosenick. „Mit Headset ist es auch ein Handyersatz, wenn das Tablet UMTS hat.“
Bei den Tablet-Betriebssystemen sieht Bosenick ein Kopf-an-Kopf-Rennen von Apples iOS und Googles Android. „Ein Vorteil von Android ist die Offenheit des Betriebssystems“, sagte der Experte. Außerdem seien Android-Geräte günstiger. Aber: „Die Rücknavigation funktioniert inkonsistent.“ Beim iPad könne man gezielt Schritte zurückgehen.
Dafür sei die Benutzerführung beim iPad wegen unangepasster iPhone-Apps, die für ein viel kleineres Display optimiert sind, oft nicht perfekt. „Da passiert gerade eine Menge Müll“, sagte Bosenick. Einen eindeutigen Gewinner oder Verlierer gebe es bei iOS und Android derzeit aber nicht: „Das hält sich die Waage.“ Google befinde sich mit Android 3.0 (Honeycomb), das erstmals für Tablets optimiert ist, auf dem richtigen Weg. Ein wenig abgeschlagen seien hingegen Tablets mit Windows 7: Ihnen fehle die Leichtigkeit, erläuterte der Experte, die Bedienung sei noch „zu klobig“.
Neue Tablet-Konzepte - zum Beispiel Geräte mit einer Tastatur zum Ausziehen - sieht Bosenick kritisch: „Da würde ich viel eher eine Tastatur anschließen.“ Denn bei solchen Hybriden sei eine gute Verarbeitung schwieriger - und auch die sei für die Anwender wichtig. Denn bei gut verarbeiteten Tablets stelle sich „ein haptisches Glücksgefühl“ ein.
„Was wir gerade erleben, ist der Übergang vom GUI zum NUI“, erklärte der Usability-Experte. GUI stehe für Graphical User Interface und bezeichne das Konzept einer Bedienoberfläche, bei der jede Aktion über bestimmt Knöpfe ausgelöst werden muss. NUI bedeute hingegen Natural User Interface und mache auf Touch- oder Multitouchscreens durch intuitive Bedienung den Umweg über Knöpfe und Verknüpfungen überflüssig, so Bosenick. „Man macht es einfach, Anfassen und Verschieben zum Beispiel.“
Weil sie in der Regel keine Touchscreens besitzen und wegen ihrer kleinen Tastatur und des kleinen Displays auch kein Notebook ersetzen, könnten Netbooks zu einer aussterbenden Spezies gehören. „Netbooks haben sich sowieso nie so richtig durchgesetzt“, sagte Bosenick. Die Statistik zumindest weist darauf hin, dass die Tablets den Netbooks den Rang ablaufen. Deren Absatz sinkt dieses Jahr um 15 Prozent auf 1,2 Millionen, hat der IT-Branchenverband Bitkom hochgerechnet. Der Verkauf von Tablet-PCs wird sich dieses Jahr mit 1,5 Millionen Stück dagegen nahezu verdoppeln. Die Touchscreen-Flundern kommen schon auf einen Anteil von zehn Prozent am gesamten PC-Markt.