Google kauft Handy-Pionier Motorola
New York (dpa) - Google kauft für 12,5 Milliarden Dollar die Motorola-Mobilfunksparte, um seine von Patentklagen belagerte Android-Plattform zu schützen. Gründer Larry Page demonstriert mit der größten Übernahme der Konzerngeschichte einen entschlossenen Führungsstil.
Zugleich birgt der Überraschungscoup die Gefahr von Spannungen mit anderen wichtigen Partnern des weltweit führenden Smartphone-Betriebssystems Android.
Der Internet-Riese greift für den Kauf von Motorola Mobility tief in die Tasche: Die 40 Dollar pro Aktie in bar sind ein stolzer Aufpreis von 63 Prozent auf den Schlusskurs von Freitag. Der Zukauf werde dem Android-Ökosystem einen kräftigen Schub geben, versprach Page, der seit viereinhalb Monaten an der Konzernspitze steht.
Der Mobilfunk-Pionier Motorola spielt schon seit Jahren keine führende Rolle in der Branche, verfügt aber über eines der umfangreichsten Patent-Arsenale. Vor wenigen Wochen hatte Google den Bieterwettstreit um das Patent-Portfolio des gescheiterten Mobilfunk-Ausrüsters Nortel an eine Gruppe von Rivalen um Apple und Microsoft verloren und sah sich nach Alternativen um.
Android ist aktuell einer Reihe von Patentklagen der Konkurrenz ausgesetzt. Besonders brenzlig wurde zuletzt die Auseinandersetzung mit dem Software-Riesen Oracle, der bei Android eine Verletzung von Patenten für die Programmiersprache Java sieht und Milliarden als Entschädigung haben will.
Ein Problem von Google ist dabei, dass der Internet-Konzern relativ neu im Mobilfunk-Geschäft ist und nicht über ein eigenes starkes Patent-Portfolio verfügt. Die Patente des Handy-Erfinders Motorola könnten Verhandlungsmasse liefern, um mit klagewilligen Rivalen zu einer Einigung zu kommen.
Der Zukauf von Motorola werde das Patent-Portfolio von Google stärken, schrieb denn auch Page selbst in einem Blogeintrag. „Das wird es uns ermöglichen, Android besser vor wettbewerbsfeindlichen Bedrohungen von Microsoft, Apple und anderen Unternehmen zu schützen“, kündigte er an.
Die Anleger waren zunächst nicht überzeugt: Die Google-Aktie gab im frühen New Yorker Handel um rund 1,6 Prozent nach. Der Kurs der zuletzt schwer gebeutelten Nokia-Papiere sprangen hingegen um neun Prozent hoch - weil die Spekulationen, Google-Konkurrent Microsoft könnte den schwächelnden Handy-Weltmarktführer kaufen, neuen Auftrieb bekamen.
Der Deal muss noch von den Wettbewerbshütern genehmigt werden und soll Ende 2011 oder Anfang 2012 über die Bühne gehen. Das Geschäft dürfte eine besondere Aufmerksamkeit der Kartellwächter auf sich ziehen, die Google bereits zuvor genauer unter die Lupe genommen hatten. Das Android-Geschäft gehöre dabei zu den zentralen Ansatzpunkten, berichtete kürzlich das „Wall Street Journal“.
Motorola Mobility solle als eigenständiger Konzernteil agieren, betonte Google. Man werde mit allen anderen Android-Partnern weiterarbeiten. Eine Frage ist aber, ob der Deal das Verhältnis zu anderen großen Android-Herstellern wie HTC oder Samsung strapazieren könnte.
Der Motorola-Konzern war vor einiger Zeit aufgespalten worden. Die traditionsreiche Mobilfunksparte wurde dabei vom restlichen Geschäft etwa mit Settop-Boxen abgetrennt und Anfang des Jahres an die Börse gebracht. Die vergangenen Jahre waren für das Handy-Geschäft von Motorola eher wechselhaft. Unter dem Druck asiatischer Konkurrenten wie Samsung oder LG schwand der Anteil am Mobilfunk-Markt schnell und lag zuletzt nur noch bei 2,4 Prozent. Besser schlägt sich Motorola im boomenden Smartphone-Markt, wo der US-Konzern auf die Android-Plattform setzt.