Justizministerin will gegen Verbraucher-Abzocke vorgehen
Berlin (dpa) - Verbraucher in Deutschland sollen besser vor unseriösen Geschäftspraktiken im Internet und am Telefon geschützt werden. Die Koalition einigte sich auf ein Regelungspaket, wie Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) am Mittwoch in Berlin bestätigte.
Es soll wohl am 6. Februar im Kabinett beschlossen und nach der parlamentarischen Beratung noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden.
Der Entwurf sieht der „Süddeutschen Zeitung“ zufolge vor, dass am Telefon geschlossene Gewinnspielverträge per Fax oder E-Mail bestätigt werden müssen. Erst dann sollen sie wirksam sein. Zudem sollen Bürger stärker vor zweifelhaften Methoden einiger Inkasso-Firmen geschützt werden. Diese versuchten immer wieder, Forderungen einzutreiben, die gar nicht existierten, kritisierte der Bundesverband der Verbraucherzentralen. Deshalb sollen sie künftig auf Anfrage detailliert angeben, wie die Forderung und zusätzliche Gebühren zustande gekommen sind. Auch sollen Inkasso-Unternehmen strenger beaufsichtigt werden, hieß es.
Außerdem will die Koalition teure Abmahnungen eindämmen. Anwälte sollen künftig privaten Internetnutzern für eine erste Abmahnung höchstens 155,30 Euro in Rechnung stellen dürfen. Im Zusammenhang mit Urheberrechtsverletzungen im Internet haben sich Abmahnungen zu einem lohnenden Geschäft entwickelt. Dabei geht es häufig um illegal getauschte Musik, Filme oder Computerprogramme. Laut einer Umfrage im Auftrag der Verbraucherzentralen wurden bereits etwa 4,3 Millionen Menschen im Alter über 14 Jahren mindestens einmal abgemahnt.
Die Justizministerin hob hervor, es solle verhindert werden, dass Internetnutzern schon bei geringen Verstößen hohe Abmahnkosten entstünden. Es bleibe aber möglich, gegen verbotenes Herunterladen von Daten vorzugehen.
Verbraucherschützer und Opposition kritisierten die Pläne, die ihnen nicht weit genug gingen. Unter anderem seien die Passagen zu Urheberrechtsverletzungen zu undeutlich formuliert, sagte Gerd Billen, Vorstand des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen. Zudem sollten Abmahngebühren dafür bei 100 Euro anstatt der vorgeschlagenen 150 Euro gedeckelt werden. Nicht nur Glücksspielverträge, sondern auch andere telefonisch angebotene Verträge sollten immer erst schriftlich bestätigt werden müssen, forderte er. Das Gesetz sei „nun wirklich überfällig“.
Auch die verbraucherpolitische Sprecherin der SPD im Bundestag, Elvira Drobinski-Weiß, kritisierte den Gesetzentwurf als „Kniefall vor der Abmahnindustrie“. Spezialisierte Anwälte erstellten Abmahnungen oft quasi automatisiert und hätten somit selbst nur geringe Kosten. Eine Obergrenze von weniger als 100 Euro für Abmahn-Gebühren wäre daher ein „angemessener Kompromiss“ gewesen, erklärte Drobinski-Weiß.
Parteifreunde von Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) begrüßten dagegen den Entwurf. „Urheberrechtsverletzungen sind zwar keine Kavaliersdelikte, Abzocke mit Abmahngebühren ist aber ebenso wenig akzeptabel“, erklärte der FDP-Bundestagsabgeordnete Erik Schweickert. Daher sollten Abmahngebühren gegen privaten Internetnutzer bei einer einmaligen Urheberrechtsverletzung gedeckelt werden.