„Keine Kehrtwende“: Koalition verteidigt Leistungsschutzrecht
Berlin (dpa) - Die schwarz-gelbe Koalition hat das von ihr geplante Leistungsschutzrecht für Presseverlage im Internet gegen Kritik verteidigt. Über den Gesetzentwurf soll am Freitag im Bundestag abgestimmt werden.
Der Entwurf war am Dienstag überraschend an entscheidender Stelle geändert worden, so dass künftig Kurztexte von der geplanten Lizenzpflicht ausgenommen sein sollen.
Bei dem Gesetz geht es darum, ob Internet-Suchmaschinen und automatische Nachrichtensammler Lizenzgebühren an Presseverlage bezahlen müssen, wenn sie Teile der Pressetexte verwenden. Suchmaschinen verwenden Presseinhalte regelmäßig in ihren Ergebnislisten, wenn sie beispielsweise kurze Textanrisse („Snippets“) veröffentlichen und auf die längeren Artikel verlinken. Am Dienstag vereinbarte die Koalition einen Kompromiss, nach dem „einzelne Wörter oder kleinste Textausschnitte“ auch künftig lizenzfrei nutzbar sein sollen.
Nach dieser Veränderung des Entwurfs ist weiterhin unklar, in welcher Form das Leistungsschutzrecht künftig konkret Suchmaschinen wie den Internetriesen Google betreffen wird. „Es ist keine Kehrtwende“, betonte der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Günter Krings, am Donnerstag in Berlin. Suchmaschinen seien weiterhin Adressaten des Gesetzes. Unabhängige Rechtsexperten vertraten dagegen die Ansicht, dass mit dem neuen Text des Gesetzesentwurfs Google für seine „Snippets“ keine Lizenz von den Presseverlagen mehr erwerben müsse.
Ob Google nun von der Regelung ausgenommen ist, ließ die Union am Donnerstag bewusst offen. „Es kommt auf die Länge der Anrisse an“, sagte Krings. Das müssten Verlage und Suchmaschinenanbieter untereinander aushandeln. Für ihn sei klar, dass Suchmaschinen „auch kurz beschreiben dürfen, was denn da gefunden worden ist - mit einigen wenigen Worten, aber eben nicht halbe Artikel“. Mit einer Klagewelle, wie von Kritikern befürchtet, rechnen die Abgeordneten der Koalition nicht. „In Einzelfällen wird es mal eine gerichtliche Klärung geben“, sagte der FDP-Abgeordnete Stephan Thomae.
Der Internetverband eco dagegen bezeichnete den Entwurf als „verfassungsrechtlich untragbar“. Auch nach den Änderungen bestünden Rechtsunsicherheiten. Der Verband befürchtet Abmahnwellen und lange Gerichtsverfahren, bis die genaue Länge der lizenzfreien Texte geklärt ist. Ein Gutachten, das der Verband gemeinsam mit Google in Auftrag gegeben hatte, schätzte das Gesetz als verfassungswidrig ein.
Aus Sicht der Koalition sollen in jedem Fall Nachrichtensammler, sogenannte Aggregatoren, unter das Gesetz fallen. So gebe es verschiedene Smartphone-Apps, die ganze Texte aus Zeitungen und Zeitschriften ohne Zustimmung der Verlage sammeln. Das sei „nicht fair“, sagte Krings.
Trotz einiger Abweichler in den eigenen Reihen rechnet Krings damit, dass das Gesetz verabschiedet wird. „Es gibt eine breite Unterstützung für das Leistungsschutzrecht“, sagte er. Einige jüngere Abgeordnete sehen das Gesetz dagegen kritisch und haben angekündigt, am Freitag mit „Nein“ zu stimmen.