Kinder in sozialen Netzwerken: Verbote helfen wenig

Berlin (dpa/tmn) - Die großen Geschwister machen es vor, die kleinen wollen es auch. Die Rede ist von Mitgliedschaften in sozialen Netzwerken. Das Problem: Oft ahnen Eltern nicht, wo ihr Nachwuchs virtuell unterwegs ist.

Ein Fehler, denn im Netz lauern viele Gefahren.

Soziale Netzwerke gibt es viele. Doch nicht alle sind auf die Jüngsten vorbereitet. Während sich zum Beispiel SchülerVZ gezielt an die Youngsters richtet, eignen sich Plattformen wie Facebook nicht für den Nachwuchs - der ist etwa mit den Privatsphäre-Einstellungen schlicht überfordert. Eltern sollten ihren Kindern daher beim Surfen über die Schulter schauen.

Laut der aktuellen Kinder- und Medien-Studie (KIM) aus dem Jahr 2010 ist fast die Hälfte der Kinder bis 13 Jahren in mindestens einem Online-Netzwerk aktiv. Das sind doppelt so viele wie vor zwei Jahren. In der Studie nimmt der Medienpädagogische Forschungsverbund Südwest regelmäßig den Stellenwert der Medien im Alltag von Kindern unter die Lupe.

Portale wie SchülerVZ oder Knuddels richten sich gezielt an die junge Zielgruppe. Bei den Eltern werben die Betreiber damit, dass sie die Online-Umgebung besonders kinderfreundlich gestalten - etwa durch restriktive Privatsphäre-Einstellungen. Doch auch in den Erwachsenen-Netzwerken wie Facebook und Wer-kennt-wen tummeln sich immer mehr Youngsters.

Antje Minhoff kann diesen Trend aus eigener Erfahrung bestätigen. Die dreifache Mutter veranstaltet mit ihrer Bildungsinitiative „Du bist smart“ Projekte, um die Medienkompetenz von Schülern fördern. „Ich beobachte, dass immer mehr Kinder zu Facebook wollen. Das ist im Vergleich zum SchülerVZ international, viele Stars sind dort und die Kinder möchten sich mit ihnen 'anfreunden'“, erklärt sie.

Offiziell verwehrt der Marktführer Kindern den Zugang. In den Nutzungsbedingungen heißt es: „Wenn du jünger als 13 Jahre bist, versuche bitte nicht, dich für Facebook zu registrieren oder uns personenbezogene Daten über dich zur Verfügung zu stellen.“ Doch die Altersbeschränkung lässt sich bei der Anmeldung einfach umgehen. Es reicht, ein falsches Geburtsdatum anzugeben - und schon ist ein Nutzerprofil erstellt.

„Kinder sind laut der AGBs von Facebook oder Wer-kennt-wen nicht zugelassen, sind aber trotzdem drin“, weiß Birgit Kimmel. Sie ist pädagogische Leiterin von Klicksafe, einer EU-Initiative für mehr Sicherheit im Netz. Oft trifft sie Eltern, die nicht wissen, dass ihr Kind auf einer Freundschaftsplattform angemeldet ist. Dabei sollten besonders junge Kinder grundsätzlich in Online-Netzwerken begleitet werden, rät die Pädagogin.

Denn unter den virtuell verbundenen Freunden herrscht längst nicht immer eitel Sonnenschein. Ein großes Problem ist Cybermobbing. „Das fängt bei Beleidigungen an“, sagt Kimmel. „Eine höhere Stufe sind ganze Hass-Profile oder Gruppen, die eine einzelne Person diffamieren.“ Oft schwiegen betroffenen Kinder, Eltern oder Lehrer würden erst gar nicht auf solche Fälle aufmerksam. Zudem fallen die unbedarften Youngsters schnell auf Abzock-Angebote herein oder können Werbung nicht von anderen Inhalten unterscheiden.

„Häufig mache ich die Erfahrung, dass Kinder mit den 'Wer-sieht-was-Optionen' überfordert sind“, sagt Antje Minhoff. Die Einstellungen seien oft schwer zu finden. Das bestätigt eine europaweite Umfrage der Europäischen Kommission. Nur jeder Zweite der befragten 11- bis 16-Jährigen wusste nach eigenen Angaben, wie er die Privatsphäre-Einstellungen von Profilen in sozialen Netzwerken verändern kann. In der Realität könnten es noch weniger sein.

Das hat Folgen. Facebook beschränkt zwar den Zugang zu Profilen von Minderjährigen: Ihre Profile und Beiträge sind nicht öffentlich im Netz zu finden und können nur von bestimmten Nutzergruppen wie den eigenen Freunden gelesen werden. Ihre Facebook-Freunde aber können sich auch Kinder selbst aussuchen und etwa Unbekannten das Mitlesen erlauben. „In Netzwerken können aber auch moralisch fragwürdige Personen Kontakt zu Kindern aufnehmen und extremistische, pornografische oder gewaltvolle Inhalte verbreiten“, sagt Kimmel.

Ein Verbot hilft aber kaum weiter, darin sind sich die Expertinnen einig. „Eltern sollen die Angebote nicht per se als schlecht einstufen und sie ihren Kindern verbieten, sondern sich über Gefahren und Schutzmöglichkeiten informieren“, empfiehlt Antje Minhoff. Sie selbst hat gemeinsam mit ihrer 11-jährigen Tochter ein Profil auf Facebook angelegt und eingestellt, wer welche Beiträge lesen darf.

Hinweise für Eltern und Kinder geben die meisten Online-Netzwerke auf ihren Seiten. Allgemeine Tipps bieten Jugendschützer auf Websites wie www.klicksafe.de, www.du-bist-smart.de, www.chatten-ohne-risiko.de oder www.surfen-ohne-risiko.net. Dort wird auch auf Alternativen zu Erwachsenen-Netzwerken verwiesen, etwa kindgerechte Chatrooms oder Instant Messenger.