Kunsthistorikerin: Jobs hat moderne Kultur geprägt

Hamburg (dpa) - Steve Jobs und Apple haben die digitale Kultur der Gegenwart maßgeblich beeinflusst: „Unsere Verhaltensmuster, unserer Umgang mit elektronischen Medien und unser Design-Verständnis wurde verändert“, sagte Kunsthistorikerin Ina Grätz am Donnerstag der Nachrichtenagentur dpa.

Grätz kuratiert derzeit im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe die Ausstellung „Stylectrical. Von Elektrodesign, das Geschichte schreibt“. Die Schau präsentiert noch bis Januar 2012 das Design von Apple und beleuchtet das Erfolgsgeheimnis des Unternehmens.

Als Jobs 1997 zu Apple zurückgekehrt sei, habe er dem Design eine größere Rolle zugeschrieben, erklärt die 28-Jährige Kunsthistorikerin. „Computer sollten plötzlich eine hohe ästhetische Qualität haben.“ Das heutige Design habe sich dann um das Jahr 2000 etabliert. „Seitdem verfolgt es das Prinzip Einfachheit, Schlichtheit und Purismus. Wir können bei allen Geräten eine geometrische Grundform erkennen.“ Diese Einfachheit sei das Erfolgsrezept und ein Alleinstellungsmerkmal der Firma.

Der Design-Begriff, der von Jobs neu definiert worden sei, umfasse auch den sinnlichen Umgang mit den Geräten. Man müsse nur an das iPad als jüngstes Beispiel denken - an die gesamte Benutzerführung, wie man das Gerät bediene und etwa eine Seite umschlage, erklärt die Expertin. „Stellen Sie sich eine typische Situation in der U-Bahn vor. Wir können an einer Handbewegung sehen, welches Produkt die Leute nutzen.

Dieses Phänomen kennen wir von kaum einer anderen Firma.“ Apple - und nicht zuletzt Jobs - habe aber auch die elektronischen Medien geprägt. „Verlagshäuser stellen ihre Zeitungen auf das iPad um, das Angebot an Apps wächst ungemein. Und da wird auch noch eine Menge passieren.“

Dass Jobs von vielen als „Heilsfigur“ gesehen wird, hängt nach Ansicht von Grätz auch mit der Historie des Konzerns zusammen. „Da ist der Tüftler, der in einer Garage an dem ersten Computer gearbeitet hat. Dann der Boom der 80er Jahre und Jobs' Weggang. Später steht Apple kurz vor der Insolvenz, Jobs kommt zurück, rettet das Unternehmen und schafft einen sehr kreativ orientierten Konzern.“ Wie sehr er für Apple stand, wurde auch bei den personalisierten Produktpräsentationen, den Keynotes, deutlich. „Das kennt man von kaum einer anderen Branche, dass bei einer Präsentation eine Person so in den Vordergrund tritt.“

Nach Ansicht von Grätz wird der Erfolg von Apple auch nach Jobs' Tod fortbestehen - wenn auch auf andere Art und Weise. „Apple wird damit umgehen können.“ Jobs habe ein sehr etabliertes Unternehmen geschaffen, das international extrem erfolgreich sei und auf sehr sicherem Boden stehe. „Wir reden ja nicht von einem Trendunternehmen, das durch einen Menschen gehypt wird.“ Allerdings fehle jetzt eine sehr wichtige Person und dass diese ersetzt werden könne, sei zu bezweifeln: „Ich glaube, kein Mensch wird je wieder so eng mit Apple in Verbindung gebracht wie Steve Jobs.“

Die Stylectrical-Schau umfasst rund 400 Exponate, etwa ein Viertel davon aus dem 1978 in Kalifornien gegründeten Hause Apple. Darunter befinden sich auch selten gesehene Geräte wie das „eMate300“, ein für den Schulbetrieb entwickelter Laptop von 1997, der „iMac Blue Dalmatian“ und der erste Flachbildschirm des Unternehmens.