Lenovo-Chef: Freies Windows-10-Upgrade war ein Fehler
Las Vegas (dpa) - Im vergangenen Sommer hat Microsoft sein neues Betriebssystem Windows 10 auf den Markt gebracht - und damit auch großzügig Nutzer von Vorgängerversionen versorgt. Beim Chef des weltgrößten PC-Herstellers Lenovo, Yang Yuanqing, stößt das kostenlose Upgrade auf wenig Gegenliebe.
In einem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur erläutert er, wie Lenovo in einem schrumpfenden Umfeld trotzdem wachsen will.
Frage: Hat der Start von Windows 10 geholfen, den schwierigen PC-Markt wiederzubeleben?
Antwort: Nun, die Zahlen kennen Sie ja. Windows 10 konnte kein Wachstum im PC-Markt auslösen. Damit Sie mich nicht falsch verstehen: Windows 10 ist ein wirklich gutes System. Ich glaube allerdings nicht, dass die Upgrade-Politik von Microsoft richtig war. Das neue System hätte vor allem mit neuen Geräten eingeführt werden sollen, die optimal auf das neue Windows abgestimmt sind. Das beschert den Kunden dann auch ein Erlebnis, mit dem sie zufrieden sind. Wenn man das neue System dagegen auf ältere Maschinen installiert, stellt sich diese gute Erfahrung nicht ein, ganz im Gegenteil: Häufig tauchen Probleme auf. Bei uns haben sich Kunden deswegen beschwert.
Frage: Dann war es von Microsoft also keine gute Idee, das Upgrade an Windows-7-Anwender kostenlos zu verteilen?
Antwort: Nein, das hätte Microsoft besser nicht machen sollen. Das hat nicht nur den Kunden Enttäuschungen bereitet, sondern auch der gesamten Branche nicht geholfen.
Frage: Aber wie will Lenovo in diesem schwierigen Umfeld seine ehrgeizigen Wachstumsziele erfüllen?
Antwort: Wir verfolgen zwei Ansätze: Zum einen findet im PC-Markt eine Konsolidierung statt. Manche Hersteller geben auf und steigen aus. Wenn jemand wie Sony den Raum verlässt, dann wird Platz für uns frei. Und man kann mit innovativen Produkten punkten. Wenn man bei einem Laptop einen abnehmbaren Bildschirm einsetzt, den man auch solo als Tablet Computer verwenden kann, befindet man sich als Hersteller in einem Marktsegment, das weiterhin wächst. Diese Produktkategorie haben wir schon vor über einem Jahr eingeführt und sind deshalb sehr zuversichtlich. Zum anderen ist Lenovo keine reine PC-Company mehr, sondern ist auch mit Smartphones sowie Servern und Speichersystemen erfolgreich.
Frage: Bei den Smartphones stoßen Sie aber auch auf starke Konkurrenz. Soll Ihre neue Online-Marke ZUK das Geschäft absichern?
Antwort: ZUK gehört zu einer eigenständigen Firma, nicht Lenovo selbst. Wir selbst fokussieren uns auf zwei Produktlinien: Mit Moto wollen wir das Premium-Segment abdecken - und mit Lenovo Vibe den Mainstream. Wir können auf unterschiedlichen Märkten die Bedürfnisse mit diesen beiden Produktwelten genau passend abdecken. So werden wir in den USA quasi ausschließlich mit der Marke Moto unterwegs sein. In anderen Ländern werden wir Vibe und Moto anbieten.
Frage: In Deutschland haben Sie aber mit Ihrer Tochter Medion noch ein weiteres Eisen im Feuer. Wie passt das zusammen?
Antwort: Medion agiert auch als eigenständige Firma. Das Geschäftsmodell von Medion ist ziemlich einmalig, weil sie sich auf den Verkauf über die Aldi-Märkte fokussieren. Die Smartphone-Familien Moto und Vibe bieten wir in Deutschland auf ganz unterschiedlichen Vertriebskanälen im Einzelhandel und bei den Telefongesellschaften an. Die kommen sich nicht in die Quere.
Frage: Lenovo kam in den vergangenen Monaten in die Kritik, weil auf Laptops Software gefunden wurde, die Experten als unsicher einstuften. Wie reagieren Sie auf diese Vorwürfe?
Antwort: Wir haben dieses Problem schon vor einiger Zeit gelöst. Es war ein Fehler von uns, das räume ich gerne ein. Aber wir haben diese Software inzwischen gesäubert. Und wir haben uns deutlich dazu verpflichtet, in Zukunft keine Software mit Sicherheitslücken mehr zu installieren. Wir wollen unseren Kunden PCs liefern, die sauber und sicher sind.
Frage: Ist es überhaupt sinnvoll, zusätzliche Lenovo-Software auf einem Rechner zu installieren? Wären die Kunden nicht besser mit einem unveränderten System von Microsoft bedient?
Antwort: Definitiv können wir unseren Kunden mit Lenovo-Software einen Mehrwert bieten. Sie muss aber sehr sorgfältig getestet sein. In der Vergangenheit haben sich unsere Ingenieure vor allem darauf fokussiert, dass die Software gute Funktionen hat - und weniger darum gekümmert, dass sie auch sicher ist. Wir haben aber schon vor über einem Jahr die klare Anweisung an unsere Software-Entwickler gegeben, sich um beide Aspekt gleichrangig zu kümmern.
ZUR PERSON: Der 51-jährige Yang Yuanqing wuchs in einer Arbeiterfamilie auf. Er studierte Computerwissenschaften und bekam Ende der 80er Jahre mit 25 einen Job beim Lenovo-Vorläufer Legend. Einige Jahre später übernahm er die Führung der PC-Sparte und organisierte dort vieles nach dem Vorbild westlicher Unternehmen. 2001 folgte „YY“, wie Yang oft bei Lenovo genannt wird, Gründer Liu Chuanzhi an die Konzernspitze. Nach einigen Jahren als Chef des Verwaltungsrates übernahm er diesen Job erneut 2009.