Meine Bücher, deine Bücher: Digitaler Besitz für Familien
Berlin (dpa/tmn) - Früher standen Bücher und CDs im Regal. Inzwischen liegen die Medien aber oft auf der Festplatte oder dem E-Book-Reader. Für Familien kann das zum Problem werden, denn die gemeinsame Nutzung ist bei vielen Anbietern noch nicht vorgesehen.
„Das Buch musst Du unbedingt lesen!“ Dieser Satz ist schnell gesagt. Die Umsetzung kann aber schwierig werden, wenn es sich um ein E-Book handelt. Schließlich muss das digitale Buch dafür von einem Lesegerät zum anderen kommen - oft eine unüberwindbare Hürde. Ähnliche Probleme gibt es auch bei Musik, Filmen oder Software, die als Download aus dem Netz kommen. Selbst wer als Familie, in einer Partnerschaft oder Wohngemeinschaft Inhalte gemeinsam nutzen möchte, stößt oft auf unerwartete technische und rechtliche Hürden.
Grund dafür ist die besondere Situation beim Kauf digitaler Güter. Wer Songs oder Bücher aus dem Netz herunterlädt, besitzt diese nicht wirklich. „Man hat nur ein Nutzungsrecht, und das ist an eine einzelne Person gebunden“, erklärt Carola Elbrecht vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Und in der Regel lässt sich die Lizenz für ein Musikstück oder einen Film nicht verleihen, verkaufen oder weitergeben. „Die Anbieter wollen verhindern, dass da ein Gebrauchtmarkt entsteht“, sagt die Expertin.
Allerdings glaubt Elbrecht auch, dass die Anbieter den Wunsch nach gemeinsamer Nutzung erkannt haben: „Das wird nach und nach gelockert.“ Ein aktuelles Beispiel dafür gibt es auf dem Markt für Computerspiele. Hier hat Entwickler Valve gerade angekündigt, dass Kunden der Spieleplattform Steam ihre Sammlung künftig mit bis zu zehn anderen Nutzern teilen können. Das können Familienmitglieder oder Freunde sein. Allerdings darf immer nur einer der Mitspieler zur Nutzung eingeloggt sein.
Und auf der Microsoft-Konsole Xbox One, die Ende November auf den Markt kommt, soll ein Familienmitglied auf die Spiele im Account des anderen zugreifen können. Ähnliche Regelungen könnte es künftig auch bei anderen digitalen Gütern geben, hofft Elbrecht. „Sobald die ersten das einführen, wird die Konkurrenz nachziehen.“
Bis dahin müssen Nutzer noch selber Kopierarbeit leisten. Das ist nicht immer einfach, aber wenigstens erlaubt. Schließlich gibt es in Deutschland das sogenannte Recht auf Privatkopie. „Ich kann meine Dateien an Mitbewohner, Kinder, Ehepartner weitergeben, das ist völlig legal“, erklärt die Rechtsanwältin Sabine Sobola. Schwierig wird es nur, wenn der Nutzer die Privatkopie öffentlich zugänglich macht, also zum Beispiel ins Netz stellt. Und wer dafür dann vielleicht auch noch Geld verlangen sollte, kann sich richtigen Ärger einhandeln.
Das Recht auf Privatkopie hat eine klare Grenze, warnt Sobola. Ist die Datei mit einem Kopierschutz versehen, darf der Nutzer diesen nicht umgehen. Das gleiche gilt für Systeme für Digitales Rechtemanagement (DRM), mit denen sichergestellt werden soll, dass eine Datei nur von dem Kunden genutzt wird, der dafür auch die Nutzungsrechte gekauft hat. Außerdem gilt das Recht auf Privatkopie nur für Musik, Bücher und Filme. Computerprogramme, darunter auch Spiele, sind davon ausgenommen.
Um Musik für die Kinder oder den Mitbewohner zu kopieren, reicht in der Regel eine Suche auf der Festplatte. Beim Weitergeben von digitalen Büchern hilft das kostenlose Programm Calibre, mit dem auch unerfahrene Nutzer leicht die Bibliotheken auf mehreren E-Book-Readern verwalten können.
Wer sich damit nicht auseinandersetzen will, kann mit seinem Lebensgefährten oder Ehepartner auch ein gemeinsames Konto bei den verschiedenen Diensten einrichten und dieses dann auf mehreren Geräten nutzen. Dabei stellen sich dann aber neue Fragen: Was ist zum Beispiel, wenn beide schon vorher ein Konto bei dem Anbieter hatten? Eine Möglichkeit, mehrere Accounts miteinander zu verknüpfen, bieten die Unternehmen in aller Regel nicht an.
Hinzu kommt, dass Beziehungen auch in die Brüche gehen können. „Da muss ich eine Lösung finden, wer das Konto weiter nutzt“, sagt Carola Elbrecht. „Die normale Bücher- und CD-Sammlung muss man bei einer Trennung ja auch irgendwie aufteilen.“ Der Unterschied ist nur: Während man bei physischen Büchern die Privatbibliothek klar aufteilen kann, gilt in der digitalen Welt das Prinzip „Ganz oder gar nicht“. Denn aufspalten lassen sich Accounts ebenfalls nicht. Die Verbraucherschützerin rät Nutzern aber in so einer Situation, beim Anbieter trotzdem danach zu fragen: „Wenn es nur genug Anfragen gibt, entsteht vielleicht irgendwann auch ein Problembewusstsein.“