Mit dem Smartphone die Welt erweitern: Augmented Reality
München (dpa/tmn) - Wer die Welt durch ein Smartphone betrachtet, sieht mehr. Das ist das Prinzip von Augmented Reality. Mit speziellen Apps erkennen Telefone zum Beispiel Sehenswürdigkeiten oder binden die Umgebung in Spiele ein.
Und das ist erst der Anfang.
Paul liest beim Frühstücken ganz ohne Handy Kurznachrichten. Beim Blick aus dem Fenster sieht er die Wettervorhersage und auf dem Weg zur U-Bahn eine aktuelle Information über eine gesperrte Linie samt Weg - alles ebenfalls ganz ohne Smartphone. Denn alle Informationen bekommt er von einer schmalen Brille mit integriertem Rechner, die er trägt, vors Auge projiziert. Kaufen kann man so etwas noch nicht. Mit seinem sogenannten Project Glass ist Google noch im Experimentierstadium. Doch mit einem Smartphone und Apps lassen sich manche Ideen für die sogenannte Augmented Reality (erweiterte Realität) schon heute umsetzen.
„Unter Augmented Reality versteht man Technik, die abhängig von meiner Position in der Welt Zusatzinformationen liefert“, erklärt Gudrun Klinker, Professorin und Leiterin des Fachbereichs Augmented Reality (FAR) an der Technischen Universität München. „Und zwar nicht als Text, sondern eingebettet in die Welt.“ Für Verbraucher ist die erweiterte Realität erst in den vergangenen Jahren zum Thema geworden, auch wenn die Forschung damit schon seit Jahren experimentiert. Grund dafür ist die weite Verbreitung von Smartphones, sagt Klinker. „Damit gibt es eine Videokamera, auf die Apps auch zugreifen können, außerdem GPS- und Bewegungssensoren.“ Die Kombination dieser Technologien macht viele Anwendungen mit Augmented Reality (AR) erst möglich.
Zu den bekanntesten AR-Apps zählt zum Beispiel das kostenlose Wikitude, das neben iOS und Android auch für Windows Phone und Blackberry erhältlich ist. Das Programm kann bestimmte Gebäude und andere Sehenswürdigkeiten erkennen und dazu passende Wikipedia-Artikel und andere Zusatzinfos einblenden. Außerdem findet das Programm auf Basis des eigenen Standorts auch Restaurants in der Nähe, Geldautomaten oder sogar freie Wohnungen. Ähnliche Fähigkeiten haben auch andere AR-Apps wie Layar und Google Goggles, die beide für Android und iOS erschienen sind.
Aber nicht jedes Handy erkennt Sehenswürdigkeiten oder andere besondere Orte wie Berggipfel. „Dafür braucht es schon ein gewisses Maß an Rechenleistung“, erklärt Rafaela Möhl vom Telekommunikationsportal „Teltarif.de“. „Das allergünstigste Smartphone sollte es dafür vielleicht nicht sein.“ Eine vernünftige Kamera im Smartphone ist für die Bilderkennung ebenfalls hilfreich.
Außerdem sollten Nutzer von Augmented-Reality-Apps im Auge behalten, was die Software an Zusatzinformationen herunterlädt. Handelt es sich dabei um Bilder oder sogar Videoclips, „kommen schnell ein paar Megabyte zusammen“, warnt die Expertin. Das kann für Nutzer mit einer kleinen Datenflatrate zum Problem werden. Auch ein gelegentlicher Blick auf den Akkustand lohnt sich: Die ständige Aktivität von Kamera, Internetverbindung, GPS- und Bewegungssensor wird für die Batterie schnell zur Schwerstarbeit.
Theoretisch ist mit AR noch viel mehr möglich, erklärt Gudrun Klinker. So könnten AR-Apps von Möbelhäusern in Zukunft die gedruckte Aufbauanleitung ersetzen. Die Technik würde dann zum Beispiel erkennen, wo das Bauteil liegt, das als nächstes montiert werden muss, und ob alles richtig zusammengesetzt ist. Mit den aktuellen Geräten sei das allerdings kaum möglich, sagt die Profesorin. „Dafür reicht die Qualität der Kameras und die Kapazität der Prozessoren heute noch nicht aus.“
Im Bereich der Computer- und Videospiele sind dagegen viele AR-Szenarien bereits Realität. Etwas älter ist zum Beispiel schon „The Eye of Judgement“, eine Mischung aus Playstation- und Sammelkartenspiel. Über eine Kamera kann der Spieler seine Karten in das Spiel laden, und dort dann die darauf abgebildeten Monster oder Zaubersprüche verwenden. Sony hat beispielsweise das kinderfreundliche Augmented-Reality-Buch „Wonderbooks“ angekündigt. In Kombination mit einer Playstation 3, einer Kamera und dem Move-Controller können junge Leser damit zum Beispiel die Zaubersprüche aus der Harry-Potter-Serie nachahmen.
Bei der Konsole Xbox 360 sorgt vor allem die Bewegungssteuerung Kinect dafür, dass immer mehr Entwickler mit Augmented Reality experimentieren. Das Ergebnis kann man zum Beispiel im Downloadspiel „Happy Action Theater“ erleben, in dem der Spieler mit seinen Bewegungen virtuelle Blumen in seinem Wohnzimmer zum Blühen bringt oder als turmhohes Monster Städte dem Erdboden gleichmacht. Und auch bei den neuesten mobilen Konsolen setzen die Entwickler auf die erweiterte Realität. Für die Vita gibt es zum Beispiel „Little Deviants“, in dem Computermonster im eigenen Wohnzimmer gejagt werden müssen. Und dem 3DS hat Nintendo mehrere sogenannter AR-Karten beigelegt. Wo sie liegen, werden virtuelle Objekte in die echte Welt eingeblendet.