Mobbing-Site-Verdächtiger war nur Trittbrettfahrer
Falscher Alarm: Der Mann, der vorgab, die Mobbing-Site isharegossip.com zu betreiben, war nur ein Trittbrettfahrer. Der Arbeitslose wollte wohl lediglich Medien ein paar Euro abknöpfen, sagt die Staatsanwaltschaft.
Lübeck/Frankfurt/Main (dpa) - Der als mutmaßlicher Betreiber der Mobbing-Site isharegossip.com festgenommene Mann war nur ein Trittbrettfahrer. Der 25 Jahre alte Lübecker habe aus finanziellen Gründen behauptet, der Betreiber der Internetseite zu sein, sagte Alexander Badle von der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Freitag über den Stand der Ermittlungen. Er habe das massive Interesse für sich nutzen wollen und gehofft, die Story an die Medien verkaufen zu können.
Er sei arbeitslos und „steht finanziell nicht so gut dar. Das war wohl seine Motivation“, sagte Badle. Die Internetseite war durch öffentliche Hetzbeiträge ihrer meist jungen Nutzer mit derben Beleidigungen in die Schlagzeilen geraten.
Der 25-Jährige war am Donnerstag in Lübeck festgenommen worden, seine Wohnung wurde durchsucht. Als sich bei der Vernehmung in der Nacht herausstellte, dass der Mann nichts mit der Mobbing-Site zu tun habe, sei er am Freitagmorgen wieder auf freien Fuß gesetzt worden.
Der Verdächtige war Anfang der Woche im Privatfernsehen aufgetreten und hatte behauptet, er betreibe die Gerüchte-Seite und habe damit Millionen Euro verdient. Daraufhin hatte die Generalstaatsanwaltschaft einen Haftbefehl wegen des Verdachts der Volksverhetzung erwirkt.
Im März war die Mobbing-Plattform auf den Index der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien gekommen. Das Internetportal hatte unter dem Motto „100 Prozent anonym an deiner Schule, Universität oder Arbeitsplatz lästern“ dazu aufgerufen, Gruppen zum Beispiel für Schulen oder Ausbildungszentren zu gründen und darin anonym Gerüchte zu verbreiten.
Viele nutzten die Seite vor allem, um andere Jugendliche teils unter Klarnamen zu beschimpfen. Im März war die Kontroverse um die Website nach der Prügelattacke auf einen 17-Jährigen in Berlin eskaliert. Er wollte mit einigen Mädchen sprechen, die seine Freundin in dem Portal angefeindet hatten. Daraufhin war er von einer Gruppe von 20 Jugendlichen zusammengeschlagen worden.
Bei der Generalstaatsanwaltschaft sind bereits mehr als 50 Anzeigen aus ganz Deutschland eingegangen, meist von Eltern, wegen der Verunglimpfung ihrer Kinder im Netz. Die Internetseite zu sperren macht nach Einschätzung der Generalstaatsanwaltschaft keinen Sinn. „Das geht vielleicht in China“, sagte Badle. „Solange der Betreiber nicht bekannt ist, ist das hier nur auf den ersten Blick eine Lösung. Dann beginnt ein Hase-Igel-Spiel.“ Die Seite sei zwischenzeitlich auch bereits einmal kurzfristig vom Netz genommen worden, vermutlich um den Server zu wechseln.
Internetseiten, die von der Bundesprüfstelle indiziert werden, können auf den deutschen Versionen der einschlägigen Suchmaschinen wie Google, Bing oder Yahoo nicht mehr ohne Weiteres gefunden werden. Die sechs größten Suchmaschinen in Deutschland hatten sich 2007 in einer freiwilligen Selbstverpflichtung bereiterklärt, die von der Behörde indizierten Seiten nicht mehr in den Suchergebnislisten anzuzeigen.