Mobilfunk-Turbo LTE bringt das Dorf ins Netz
Berlin (dpa/tmn) - Ein Breitbandanschluss für jedes Dorf - die Mobilfunkanbieter sind dabei, die „weißen Flecken“ der Netzversorgung mit dem Datenturbo LTE zu schließen. Den Zugang erschließt zunächst ein USB-Stick am Laptop oder ein Router - das Handy kommt später.
Jeden Monat wird das neue LTE-Mobilfunknetz (4G) ein wenig größer. Wer bisher in einem abgelegenen Dorf noch keinen Breitbandanschluss ins Internet hatte, freut sich jetzt über eine schnelle Datenverbindung: „Das ist ein Quantensprung“, sagt Bernd Pupke in brandenburgischen Neubensdorf, das zwischen Berlin und Magdeburg liegt. Zuvor habe es dort nur das langsame ISDN oder ein nicht sehr stabiles UMTS-Netz (3G) gegeben.
Pupke nutzt das LTE-Netz mit einem USB-Stick an seinem stationären Computer. Der Stick bringt auch das Notebook ins Netz, wenn man unterwegs ist. Andere Anwender von LTE, das steht für Long Term Evolution, setzen auf einen stationären Router, der auch über eine externe Antenne am Haus das LTE-Signal empfangen kann, wenn der Anwender am Rand der LTE-Funkzelle wohnt. Die Wohnung wird von dem Router aus per WLAN mit dem Internet versorgt.
Mit der ersten Generation der LTE-Sticks kann man aber nur ins LTE-Netz gehen - die alternative Nutzung von UMTS- oder GSM-Netz (GPRS und EDGE) funktioniert damit nicht. Voraussichtlich ab August soll es aber neue USB-Sticks geben, die auch die älteren Netzstandards unterstützen. Der fließende Übergang zwischen den verschiedenen Netztechnologien wird aber vermutlich erst später nach einer Aktualisierung der Geräte-Software funktionieren.
Theoretisch können LTE-Netze Daten mit einer Geschwindigkeit von bis zu 100 Megabit pro Sekunde (MBit/s) übertragen. In der Praxis sind sie meist deutlich langsamer, aber immer noch deutlich schneller als die Vorgängertechnologien UMTS und HSPA. Das gilt auch für das Hochladen von Daten (Upload).
Die tatsächlich erreichbare LTE-Geschwindigkeit ist abhängig vom Standort und von der Zahl der Nutzer in einer Funkzelle: Je geringer die Entfernung zum Sendemast und je weniger Teilnehmer sich die verfügbare Bandbreite teilen müssen, desto schneller ist die Datenübertragung. Die Verfügbarkeit am Wohnort lässt sich auf den Seiten der Netzbetreiber prüfen. Vodafone oder O2 bieten bei Vertragsabschluss zum Beispiel ein einmonatiges Rückgaberecht an, damit man die Technik tatsächlich zu Hause ausprobieren kann.
„Die LTE-Surfsticks, die bislang angeboten werden, funktionieren nur im 800-Megahertz-Band“, erklärt Mobilfunkexperte Bernd Theiss von der Zeitschrift „Connect“. Dieser Frequenzbereich wurde früher für die Übertragung analoger Fernsehsignale genutzt und ist durch die Umstellung auf den digitalen Fernsehstandard DVB-T freigeworden, weshalb man auch von digitaler Dividende spricht. Vor allem in Großstädten soll für LTE dann auch der Frequenzbereich von 2,6 Gigahertz genutzt werden. Die Deutsche Telekom hat Anfang Juni ihr LTE-Netz in Köln gestartet, Vodafone den Ausbau in Berlin begonnen.
Für die mobile LTE-Nutzung empfiehlt es sich daher, mit der Anschaffung eines USB-Sticks zu warten, bis künftige Geräte eine Multiband-Unterstützung bieten. Denn LTE ist auch für die Internet-Nutzung in Fahrzeugen interessant - die Mobilfunkverbindung soll selbst in einem 300 km/h schnellen ICE nicht abreißen.
LTE auf dem Handy ist bislang noch nicht verfügbar, auch weil die bisher verfügbaren Hardware-Komponenten viel Strom verbrauchen und im Betrieb recht heiß werden. Mit den ersten Smartphones, die „LTE-ready“ sind, wird zum Jahresende gerechnet. Ähnlich wie bei der Einführung von UMTS, der dritten Mobilfunkgeneration, wird es aber wohl auch bei LTE, der vierten Generation, eine Zeit lang dauern, bis der neue Standard auf dem Handy angekommen ist.
Bei den derzeit verfügbaren Zweijahresverträgen für LTE zu Hause liegen die monatlichen Kosten bei den drei Anbietern je nach Tarif (Geschwindigkeit von bis zu 3, 3,6, 7,2, 21,6 oder 50 MBit/s) zwischen 29,99 bis 69,99 Euro bei einem Datenvolumen zwischen 3 und 50 Gigabyte. Wer das Inklusiv-Volumen überschreitet, darf meist bei gedrosselter Geschwindigkeit weitersurfen. Hinzu kommen teils noch Bereitstellungskosten sowie die Miete oder der Kauf eines Routers.
„Der Ausbau schreitet zügig voran“, sagt René Henn von der Bundesnetzagentur in Bonn. Die Behörde prüft die Netzabdeckung nach Bundesländern und achtet darauf, ob die Auflagen erfüllt werden, zuerst die „weißen Flecken“ der Breitbandversorgung auf dem Land abzudecken.
Noch nicht angekommen ist das LTE-Netz bisher zum Beispiel in der brandenburgischen Gemeinde Gumtow, das bislang weder DSL- noch UMTS-Abdeckung hat. „Wir haben dadurch erhebliche Probleme“, klagt Bürgermeister Stefan Freimark. Die Gemeindeverwaltung sei ebenso davon betroffen wie Betriebe und Einwohner. Es habe schon Fälle gegeben, dass ein geplanter Umzug von Berlinern aufs Land nach Gumtow wegen der fehlenden Breitbandversorgung geplatzt sei. Jetzt hofft Gumtow, dass es bis zum Jahresende endlich klappt.