Mobilfunker werben mit sogenannten Ethno-Marken um Migranten
Frankfurt/Main (dpa) - Deutschlands Mobilfunker setzen im Kampf gegen sinkende Erlöse zunehmend auch auf Migranten als Kunden. Die im Branchenjargon Ethno-Marken genannten Anbieter wie Ay Yildiz, Turkcell oder Ortel werben mit speziellen Tarifen jeweils um eine bestimmte Zielgruppe.
Nach Angaben eines Sprechers von Telefonica Deutschland ist das ein durchaus lukratives Geschäft: Zwar sei das Budget der Kunden oft begrenzt, mobile Kommunikation habe bei vielen Menschen mit Migrationshintergrund aber einen hohen Stellenwert. Daher gäben sie im Schnitt verhältnismäßig viel Geld dafür aus.
Der Markt ist groß und wächst. Genaue Kunden- und Umsatzzahlen der sogenannten Ethno-Tarife veröffentlichen die Anbieter nicht. Das Statistische Bundesamt gibt bereits für 2014 - also vor dem großen Flüchtlingszustrom - die Zahl der Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland mit rund 16,4 Millionen an. Telefonica Deutschland, nach Kunden der größte Mobilfunker im Land, schätzt, dass rund ein Drittel davon Sim-Karten der Ethno-Marken nutzt.
Vor allem Prepaid-Angebote, also im Voraus bezahlte Sim-Karten, sind beliebt. Bei dem dort üblichen monatlichen Umsatz je Kunde zwischen 5 und 6 Euro schätzen Branchenkenner den Markt auf bis zu einer halben Milliarde Euro. Angesichts der gut 18 Milliarden Euro Umsatz der Netzbetreiber mit Mobilfunkdiensten im vergangenen Jahr kein übergroßer Batzen - aber doch zu groß, um ihn links liegen zu lassen, zumal die Nutzung wächst: 2014 gingen laut Bundesnetzagentur 3,7 Milliarden Sprachminuten aus deutschen Mobilfunknetzen ins Ausland - ein Plus von zwei Dritteln gegenüber 2010.
Telefonica Deutschland (O2) hat gleich mehrere der speziellen Marken im Programm und bedient durch die milliardenschwere Übernahme von E-Plus manche Zielgruppe sogar mehrfach. So zählen die auf die türkische Community ausgerichteten Ay Yildiz und Türk Telekom dazu, aber auch die auf Osteuropa spezialisierte Ortel. Die Deutsche Telekom hat den Anbieter Turkcell Europe im Programm. Marktführer bei türkischstämmigen Mobiltelefonierern ist Ay Yildiz mit von Branchenkennern geschätzten mehr als einer Million Kunden. Vodafone hat keine eigenen Ethno-Marken, kooperiert aber mit Serviceprovidern, unter anderem mit dem britischen Unternehmen Lycamobile.
Das Geschäft mit den im vergangenen Jahr nach Deutschland gekommenen Flüchtlingen spielt im Gegensatz dazu derzeit noch keine Rolle. Flüchtlinge sind zwar in besonderer Weise auf das Mobiltelefon angewiesen, brauchen aber zunächst keine Laufzeit-Verträge. O2-Chef Thorsten Dirks sagte mit Blick auf die Geschäftszahlen des vergangenen Jahres, dass der starke Flüchtlingszuzug sich bisher nicht in der Bilanz niederschlägt.