Mobilfunkstandard LTE: Teures Highspeed-Netz mit Löchern
Göttingen (dpa/tmn) — Der schnelle Mobilfunkstandard LTE soll nicht nur dem mobilen Internetzugang Beine machen, sondern auch der Branche einen Boom bescheren. Doch die Technik ist kostspielig und hat Tücken.
Gut ausgebaute Netze gibt es bisher fast nur in Städten.
Smartphones können überall ins Internet, Videos aus dem Netz abrufen oder Musik streamen. Voraussetzung ist aber immer, dass das Netz mitspielt. Den schnellsten mobilen Internetzugang gibt es zurzeit mit dem Mobilfunkstandard LTE. Die Abkürzung steht für „Long Term Evolution“, was in etwa „langfristige Entwicklung“ bedeutet. Der Standard gilt als Nachfolger von UMTS und wird auch als vierte Generation oder schlicht 4G bezeichnet.
Drei Mobilfunkanbieter buhlen derzeit mit ihrem LTE-Netz um die Gunst der Kunden in Deutschland: die Deutsche Telekom, Vodafone und O2. E-Plus baut sein Highspeed-Netz gerade auf und will in Kürze nachziehen. Aktuell ist die schnelle Verbindung aber längst nicht überall verfügbar: „In Deutschland liegt die Netzabdeckung momentan bei etwa 50 Prozent“, sagt Markus Weidner vom Telekommunikationsportal „Teltarif.de“. Ob der schnelle Netzzugang am eigenen Wohnort funktioniert, lässt sich auf den Internetseiten der Anbieter prüfen.
Zum Surfen im LTE-Netz brauchen Nutzer außerdem spezielle Smartphones, Tablets, Router oder USB-Sticks. Das Angebot an Geräten ist allerdings noch mager - und sie sind teuer: „In der Regel sind aktuell nur die teuren Spitzenmodelle der Hersteller mit der Technik ausgestattet“, so Weidner.
Für das Geld versprechen die Netzbetreiber rasantes Surfen. Mit Datenraten von bis zu 100 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) liegt LTE gleichauf mit leistungsstarken Festnetzverbindungen - theoretisch. Denn die maximalen Durchsatzraten kommen in der Praxis nur selten beim Nutzer an, erklärt Weidner: „Die Verbindungsgeschwindigkeit schwankt im Alltagsbetrieb sehr.“ Die Datenrate hängt unter anderem von der Empfangsqualität ab. Die verschlechtert sich oft schon in Räumen, da Wände die Funkwellen dämpfen. Auch die Entfernung zum nächsten Funkmast spielt eine Rolle für den Empfang: Je weiter dieser entfernt ist, desto schlechter die Verbindung.
Auch regionale Unterschiede beeinflussen die Datenrate. Die maximale Verbindungsgeschwindigkeit ist auf dem Land grundsätzlich niedriger als in Großstädten. Der Grund: LTE-Anbieter funken außerhalb der Ballungsgebiete im Frequenzbereich von 800 Megahertz (MHz). Damit sind Geschwindigkeiten von bis zu 50 Mbit/s möglich. Nur in der Stadt nutzen Anbieter tatsächlich die doppelt so starken 1800-MHz- und 2600-MHz-Frequenzbänder.
Die Reichweite der städtischen Highspeed-Wellen ist jedoch geringer als im 800-MHz-Bereich. Deshalb verzichten die Netzbetreiber in ländlichen Gebieten auf die flotteren Frequenzen. Spürbare Einbußen haben Nutzer außerhalb der Ballungsgebiete deshalb aber nicht zu befürchten: „Schneller als die meisten DSL-Anbindungen ist LTE in der Regel auch auf dem Land“, sagt Weidner. „Für Nutzer, die in Gebieten ohne Breitbandanbindung leben, ist LTE daher ein idealer Ersatz.“ Aus diesem Grund ist LTE auf dem Land vor allem dort verfügbar, wo es noch keinen schnellen Internetzugang per DSL gibt.
Die unterschiedlichen Frequenzbereiche sorgen in der Praxis immer wieder für Probleme: Das iPhone 5 von Apple klinkt sich zum Beispiel hierzulande ausschließlich mit 1800 MHz ins LTE-Netz ein. Da aber nur die Deutsche Telekom Lizenzen für diese Frequenzen erworben hat, kommen ausschließlich deren Kunden in den Genuss des Datenturbos auf Apples Smartphone. 2012 hat das Unternehmen nach Angaben von Sprecher Markus Jodl etwa 100 Städte mit der 1800er-Frequenz versorgt. Wer die Stadtgrenze verlässt oder sich in einem Bereich ohne LTE-Abdeckung bewegt, surft auf dem iPhone wieder über das langsamere UMTS-Netz.
Noch undurchsichtiger ist die internationale Frequenzsituation: Weltweit existieren mehr als 40 LTE-Bänder. Und selbst wenn ein deutsches Gerät technisch für den Auslandseinsatz gerüstet ist, lässt es sich dort nicht nutzen, warnt Teltarif-Redakteur Weidner: „Ein Einklinken in ein fremdes LTE-Mobilfunknetz ist derzeit nicht möglich, es gibt noch kein Roaming.“
Wer sich dennoch ein LTE-Smartphone zulegt und mit seinem bestehenden Mobilfunktarif nutzt, hat beim Surfen zunächst keinen Geschwindigkeitsvorteil. LTE muss als aufpreispflichtige Option hinzugebucht werden — und das ist nicht gerade günstig. Etwa 10 Euro fallen monatlich je nach Tarif als Aufschlag an. Für LTE-Komplettpakete mit großem Datenvolumen werden bei den verschiedenen Anbietern schnell bis zu 100 Euro pro Monat fällig.
Entsprechend niedrig ist das Interesse potenzieller Nutzer: Nach einer Umfrage des Marktforschungsunternehmens YouGov können sich nur 15 Prozent der Deutschen derzeit den Abschluss eines LTE-Vertrags vorstellen. Zwei Drittel der Befragten nannten die hohen Kosten als Grund dafür. Weniger als die Hälfte der Befragten (43 Prozent) konnte mit dem Begriff überhaupt etwas anfangen.