„myTaxi“-App: Konkurrenz für Taxizentralen?

Berlin (dpa) - Mit der Smartphone-App „myTaxi“ können Nutzer schnell und einfach ein Taxi bestellen. Die Anwendung könnte zur ernsten Konkurrenz für die altbewährten Funkzentralen werden. Während die Erfinder der Software das Angebot ausbauen, hadert die Branche.

Ein paar Klicks auf dem Smartphone und das Taxi ist bestellt. Auf dem Display bewegt sich ein gelbes Autosymbol über eine Karte auf den eigenen Standort zu, wenig später ist der Wagen da. „myTaxi“ heißt die Anwendung - kurz App - die ein lästiges Ausharren in der Telefonwarteschleife einer Taxizentrale erübrigt. Was als kleines Handy-Programm daherkommt, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als Neuerung mit Folgen für die Branche. Denn bei der Taxibestellung wird ein Akteur außen vor gelassen - die Telefonzentrale, die sonst normalerweise Aufträge annimmt und an die Fahrer weiterleitet.

Der von der Software-Firma Intelligent Apps entwickelte Dienst ging 2010 zunächst in Hamburg an den Start. Mittlerweile gibt es das Angebot in zwölf Großstädten - etwa Berlin, Frankfurt, Hamburg, Köln oder München. Weitere Metropolen - auch im Ausland - sollen folgen.

„Die Anwendung hilft denjenigen, die in einer fremden Stadt die örtliche Taxinummer nicht kennen“, sagt Geschäftsführer Sven Külper. Binnen eines Dreivierteljahres sei die App rund 300 000 Mal heruntergeladen worden. „Bei Millionen Smartphone-Nutzern ist das Wachstumspotenzial gewaltig.“

Das Programm ist simpel: Ein Stadtplan zeigt alle verfügbaren Taxen in der Umgebung an. Schnell lassen sich Personenanzahl und Fahrtziel einstellen - auch Sonderwünsche wie Kindersitz, EC-Zahlung oder Großraumtaxi können angegebenen werden. Ist das Gesuch gesendet, können es Taxifahrer annehmen. Auf der Karte wird das Fahrzeug markiert und lässt sich bis zur Ankunft verfolgen.

Von geschätzt 250 000 Taxifahrern in Deutschland haben 4000 die Software bereits auf ihrem iPhone oder Android-Handy installiert. Einer von ihnen ist Wolfgang Nitschmann. Der 65-jährige Berliner fährt seit 20 Jahren Taxi - seit Mai hat er myTaxi auf seinem Smartphone. „myTaxi bringt genügend Aufträge“, sagt er. Neben Krankenfahrten und Winke-Kunden kommt er so im Monat auf mindestens 20 Fahrten mehr. Das sonst obligatorische Funkgerät hat er darum aus seinem Auto ausgebaut.

myTaxi setzt auf Transparenz: Jeder Chauffeur kann bewertet werden. Bei einer Bestellung sieht man neben dem Namen, Bild und der Rufnummer des Fahrers auch seine Ratings. „Da weiß jeder sofort, was ihn erwartet“, sagt Taxifahrer Nitschmann. „Man muss sich anstrengen, um den Kunden zu überzeugen. Das kommt demjenigen zugute, der einen guten Service bietet.“ Unzuverlässigkeit und schlechter Service können darum auch zum Ausschluss aus dem myTaxi-Netzwerk führen.

Was den Taxifahrern mehr Aufträge liefert, vermiest den Funkzentralen das Geschäft. Pro Bestellung zahlen Fahrer 79 Cent an die mytaxi-Macher - Geld, dass sonst an die Zentralen ginge. In der Regel zahlen die Taxiunternehmen einen Festbetrag, der die Vermittlung abdeckt - in Berlin sind das rund 100 Euro im Monat.

Das Risiko, myTaxi könnte den Taxirufzentralen auf dem heiß umkämpften Markt Einnahmen abjagen, hält der Deutsche Taxi- und Mietwagenverband (BZP) für gering. „Die Unternehmen überlegen sich genau, ob sie für jetzt auch noch für jede myTaxi-Vermittlung zahlen sollen“, meint BZP-Geschäftsführer Thomas Grätz. Allenfalls einzelne Taxifahrer könnten sich damit ein kleines Zubrot verdienen.

„80 Prozent aller Taxibestellungen in Deutschland kommen von lokalen Kunden - und die rufen ihr Taxi aus der Stammkneipe oder von zuhause aus per Telefon“, sagt Grätz. Das Argument, mit myTaxi könne man den Fahrservice auch in fremden Städten nutzen, zähle also nicht. „Ich halte das für einen Hype, der nun nach viel Euphorie am Anfang und einem gutem Marketing abklingt.“

Ganz ohne Sorge scheint die Branche indes nicht zu sein. Der BZP, der bundesweit rund die Hälfte der etwa 25 000 Taxiunternehmen repräsentiert, hat Anfang des Jahres für seine Mitglieder einen App-Passus für einen Muster-Arbeitsvertrag vorformuliert. Darin wird die unautorisierte App-Nutzung durch die Fahrer ausdrücklich untersagt.

Indes rüsten manche Taxizentralen nach - für myTaxi-Chef Külper ein gern gesehener Wettbewerb. Seit einigen Monaten gibt es ähnliche Apps für einzelne Städte - etwa „Taxi Berlin“ vom Hersteller für Taxi-Vermittlungssoftware Austrosoft. Diese App sowie andere regionalisierte Ableger bieten ebenso GPS-Ortung, Kartendarstellung, Bewertungen oder die Angabe von Sonderwünschen. Die Vermittlung nimmt aus „Service-Gründen“ dennoch den Umweg über die Zentralen.

„Mit der App kann man auch in anderen Städten Taxen rufen, wenn die Zentralen dort dieselbe Software verwenden“, so Hermann Waldner, Chef der größten Berliner Zentrale Taxi Berlin. Viele Nutzer wissen das wegen des städtebezogenen App-Namens jedoch nicht.

Ein bundesweit einheitliches App-Angebot der Taxizentralen fehlt bislang aber. „Viele Taxizentralen haben eigene Lösungen und fragen sich nun, warum sie nochmals Geld für etwas ausgeben sollen, was ihnen vielleicht gar nicht nutzt“, sagt Verbandsmann Grätz.

Zumindest die „Taxi Berlin“-App von Austrosoft soll in absehbarer Zukunft einen einheitlichen Namen bekommen - Arbeitstitel: TAXI. „Wenn alle Austrosoft-Kunden mitziehen, stehen europaweit auf einen Schlag 40 000 Taxen zur Verfügung“, sagt Waldner.

Während sich die Branche recht viel Zeit mit dem Thema gelassen hat, feilen die myTaxi-Macher an einem weiteren Zusatzangebot: Ende des Jahres soll ein mobiles Bezahlsystem an den Start gehen. Die Fahrtkosten werden dann direkt vom Konto des Kunden abgebucht.