Nicht gierig werden - Wie Betrüger über E-Mails Beute machen
Berlin (dpa/tmn) - Und ewig lockt das Geld. Nicht selten werden E-Mail-Empfängern hohe Beträge in Aussicht gestellt. Tun müsse man dafür wenig. Viele packt die Gier: Sie lassen sich auf einen Kontakt ein.
Das böse Erwachen kommt kurz danach.
Skrupel kennen sie nicht. Sie schicken Mails, in denen sie den Empfängern die tollsten Geschichten auftischen - auf Englisch oder in gebrochenem Deutsch. Der Absender gibt sich etwa als eine „arme Frau aus Afrika“ aus. Ihr Ehemann sei „beipolitischen Unruhen“ gestorben. Nach seinem Tod habe sie festgestellt, dass der Gatte eine zweistellige Millionensumme gebunkert habe. Dieses Geld wolle sie nun mit Hilfe des Mail-Empfängers in Europa deponieren - und als Dankeschön gibt es 15 Prozent der Gesamtsumme. Ob das nicht ein gutes Geschäft sei?
Auch wenn solche dubiosen Angebote schon lange im Umlauf sind - zahllose E-Mail-Empfänger fallen auf den Schwindel immer wieder herein. Sie antworten auf die Mail, geben persönliche Daten wie Adresse und sogar ihre Bankverbindung preis. Die Absender spielen das Spiel dann oft geschickt weiter. Sobald der Empfänger Gebühren überweise, werde das Geld auf sein Konto transferiert. Selbst an dieser Stelle werden viele der Mail-Empfänger nicht wach. Offenbar tief versunken im Traum vom ganz großen Geld zahlen sie den gewünschten Betrag. Von der Absenderin hören sie danach meist nichts mehr - sie sind Gaunern aufgesessen.
Die Masche hat einen Namen. Sie heißt „Nigeria Connection“. Der westafrikanische Staat gilt als das Ursprungsland dieser Art von Betrug. „Seit den 1980er-Jahren ist das Phänomen von Betrügermails bekannt“, sagt Barbara Hübner vom Bundeskriminalamt (BKA) in Wiesbaden. Seitdem hält es sich hartnäckig.
Bei den Tätern handelt es sich laut Hübner um Einzelpersonen oder Banden. Sie zu fassen, stelle eine besondere Herausforderung dar, weil sie ihr Unwesen mit gefälschten Namen in der Regel von Internetcafés aus treiben. Welches Ausmaß die E-Mails konkret haben und wie hoch jährlich der Schaden ist, darüber liegen dem BKA keine detaillierten Angaben vor. Einer der Gründe: „Es handelt sich um Delikte, die in der polizeilichen Kriminalstatistik als 'Betrug' ohne weitere Spezifikation erfasst werden“, erklärt Hübner. Betrug habe aber viele Facetten, die Betrügermails seien nur ein Teil davon.
Zudem gehen Experten von einer hohen Dunkelziffer aus. „Viele der Geprellten bringen ihren Fall nicht zur Anzeige“, glaubt Birgit Perschke, Pressesprecherin der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit. Die Opfer schämten sich zuzugeben, dass sie sich haben blenden lassen.
Die Täter erfinden regelmäßig neue Märchen, die sie per Mail verbreiten. Und geantwortet wird ihnen offenbar immer wieder. Da ist etwa der Fall eines Mannes, dem per Email vorgegaukelt wurde, in Kanada sei ein Koffer mit viel Bargeld gefunden worden. Das Gepäckstück habe man ihm als Eigentümer zuordnen können. Bevor er aber den Koffer samt Inhalt erhalte, müsse er für Zollgebühren aufkommen. Der Betrag: 7500 Euro.
Der Mann zahlt die geforderte Summe - obgleich er genau weiß, dass er noch nie in Kanada war und folglich auch keinen Koffer dort hat stehen lassen. „Der gesunde Menschenverstand hätte ihm sagen müssen, dass er von der Sache tunlichst die Finger lassen sollte“, sagt Ralf Scherfling von der Verbraucherzentrale NRW in Düsseldorf.
Doch warum lassen sich Leute auf solche windigen Geschäfte überhaupt ein? Für Perschke ist der Grund eindeutig: „Die Aussicht auf materiellen Gewinn.“ Den Empfängern werden hohe Beträge in Aussicht gestellt, für die sie wenig tun müssen. Doch eigentlich lohnt sich nur eine Reaktion auf solche Mails: „Sie sollten umgehend gelöscht werden“, betont BKA-Expertin Hübner.