Nokias Symbian: Der entthronte König

Berlin (dpa/tmn) - Lange beherrschte Nokias Symbian den Smartphone-Markt. Dann konnte es mit der Konkurrenz nicht mehr mithalten. Nun will Nokia will seine Symbian-Handys mit Funktionen wie kostenloser Navigation attraktiver machen.

Symbian ist ein Pionier unter den Smartphone-Betriebssystemen - und ein Auslaufmodell: Der finnische Handy-Weltmarktführer Nokia will als Haupt-Software für seine Computer-Telefone nicht mehr das eigene Symbian-System, sondern Windows Phone von Microsoft verwenden. In der Übergangsphase hofft Nokia aber noch, rund 150 Millionen Symbian-Smartphones zu verkaufen.

Mit der aktuellen Modellpalette versucht Nokia, verschiedenen Zielgruppen gerecht zu werden. Das N8 ist das Multimedia-Flaggschiff mit 12-Megapixel-Kamera und HDMI-Ausgang zum direkten Anschließen an einen HD-Fernseher. Das C7 ist der handliche Alleskönner, der mit Touchscreen und einem Minimum an Tasten auskommt. Dann gibt es noch zwei Modelle für Geschäftskunden: Das E7 mit ausklappbarer QWERTZ-Tastatur und das E6, das die Tastatur direkt unter dem Bildschirm birgt. Und jüngere Leute soll das X7 ansprechen, das ein besseres Spiel-Erlebnis auf dem größeren Bildschirm (4 Zoll/10,2 cm) und schnellen Zugriff auf Online-Netzwerke verspricht.

Als einen Trumpf will Nokia die kostenlose Navigation ausspielen: In den Geräten sind Karten für bis zu 200 Länder vorinstalliert, auf denen Autofahrer und Fußgänger den Weg angezeigt bekommen. Zuletzt fügte Nokia auch 3D-Ansichten hinzu. Mit dem milliardenschweren Kauf des Kartenspezialisten Navteq haben die Finnen alles Nötige dafür im eigenen Haus.

Zudem lässt sich bei Symbian-Handys der Start-Bildschirm frei zusammenstellen, so dass dort etwa die Neuigkeiten von Facebook oder Twitter oder neue E-Mails direkt angezeigt werden. Nokia verspricht, im Gegensatz zu Apples iPhone auch Flash-Videos abzuspielen. Die Geräte sind solide in Metall verarbeitet und liegen bequem in der Hand.

Das klingt alles ansprechend, doch warum verkauften sich Nokias Symbian-Telefone in den vergangenen Jahren so schlecht, dass der neue Konzernchef Stephen Elop schließlich die Notbremse zog und den schmerzhaften Umstieg auf die Microsoft-Software wagt? Branchenexperten brachten das Problem immer wieder auf eine einfache Formel: Nokia hat solide gebaute Geräte - und eine Software, die nicht mit der Konkurrenz wie iOS von Apples iPhones und iPads oder dem Google-Betriebssystem Android mithalten kann. Der Vormarsch der Androiden, die Nokia vom Smartphone-Thron stießen, brachte schließlich das Fass zum Überlaufen.

Die Kunden merken die Schwächen von Symbian bei der Benutzeroberfläche - etwa, wenn sie eine Google-Suchanfrage oder WLAN-Zugangsdaten auf einer virtuellen Handy-Tastatur eintippen oder in gelegentlich eigenwilligen Menüs herumwühlen müssen. „Es sind zu viele Einstellungen an zu vielen Orten versteckt“, urteilte etwa der Branchenanalyst Michael Gartenberg.

Nokia will Symbian aber trotz der strategischen Entscheidung für Windows Phone weiterentwickeln. Mit dem aktuellen Symbian-Update werden unter anderem die Bedienung über den Touchscreen und die gleichzeitige Ausführung mehrerer Apps verbessert, insgesamt kommen rund 250 neue Funktionen hinzu.

Zum Befüllen mit Apps betreibt Nokia die Plattform Ovi, die inzwischen dem Konzern zufolge auf mehr als fünf Millionen Downloads am Tag kommt. Sie hat allerdings deutlich weniger Programme im Angebot als Apples App Store oder der Android Market. Das wurde als ein zentraler Wettbewerbsnachteil der Symbian-Plattform gesehen.

Die Stärken und Schwächen von Symbian wurzeln auch in der Vergangenheit: Vorfahre ist das Betriebssystem EPOC, das der britische Handheld-Geräte-Pionier Psion 1997 gestartet hatte, für seine Geräte mit Mini-Tastatur und Stift-Bedienung auf dem Bildschirm. Die Software setzte damals Standards: Das System war besonders robust, beherrschte das Multitasking (also die Fähigkeit, parallel mehrere Anwendungen laufen zu lassen) und den Datenaustausch über die Zwischenablage.

Eine einfache Programmiersprache namens OPL unterstützte die Entwicklung einer Vielzahl von kleinen Anwendungen, die damals noch nicht Apps genannt wurden. 1998 wurde die Weiterentwicklung von EPOC von der damals gegründeten Symbian-Gruppe übernommen - mit dem Ziel, daraus ein System für ein Kombigerät aus Handheld-Computer und Mobiltelefon zu machen - das war die Idee für die heutigen Smartphones.