Online-Frischfleisch: So funktioniert Lebensmittelhandel im Netz

Berlin (dpa/tmn) - Onlineshopping wird immer beliebter. Nur wenn es um Lebensmittel geht, halten sich die Deutschen zurück. Das liegt auch daran, dass noch die Angebote fehlen. Viele Verbraucher wollen aber auch nicht darauf verzichten, ihr Essen vor dem Kauf zu sehen.

Die Idee klingt bestechend: Warum nach einem langen Arbeitstag noch an der Supermarktkasse stehen? Warum mit quengelnden Kindern durch den Laden ziehen und dann volle Taschen nach Hause schleppen? Viel bequemer wäre es, Lebensmittel vom Sofa aus mit ein paar Klicks zu bestellen und nach Hause liefern zu lassen.

Im Gegensatz zu anderen Onlineangeboten kommt der Handel mit Lebensmitteln in Deutschland aber nur langsam in Gang. Nach einer Studie der Unternehmensberatung AT Kearney hat erst jeder vierte Verbraucher hierzulande (27 Prozent) schon einmal online Lebensmittel eingekauft. Regelmäßig tun das sogar nur 2 Prozent der 1410 Befragten. Relativ erfolgreich ist bisher nur der Handel mit speziellen Lebensmitteln wie Delikatessen oder exotischen Gewürzen, die es nicht in jedem Supermarkt gibt.

Bei den großen Handelsketten ist der Onlineverkauf auch erst im Aufbau: Manche sind bisher nur in Großstädten vertreten, andere liefern bundesweit, dafür aber nur haltbare Ware. Das liegt auch an den hohen Logistikkosten, die für die Online-Lebensmittelhändler eine Herausforderung seien, schreiben die Unternehmensberater von AT Kearney. Aus Verbrauchersicht ist einer der größten Nachteile, dass Käufer die Ware vor dem Bezahlen nicht ansehen oder anfassen können: Drei von fünf Befragten (60 Prozent) stören sich daran.

Allerdings haben die Kunden das Recht, Ware bei Nichtgefallen an der Haustür zurückzugeben. „Grundsätzlich gilt die übliche gesetzliche Mängelgewährleistung“, erklärt Christian Böttcher vom Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels. Bei der Lieferung von Waren durch einen Lieferservice komme der Vertrag erst mit Übergabe an den Kunden zustande - dieser darf die Ware also noch prüfen, bevor er sie annimmt.

„Viele Unternehmen geben darüber hinaus eine Frischegarantie“, sagt Böttcher. Wie bei allen Händler- oder Herstellergarantien handelt es sich dabei aber um eine freiwillige Leistung. Die Spielregeln legt der Anbieter also selbst fest. Das von anderen Einkäufen im Internet bekannte Widerrufsrecht gilt bei Lebensmitteln nur eingeschränkt: Schnell verderbliche Lebensmittel wie Salat oder frisches Fleisch sind davon zum Beispiel davon ausgenommen, erklärt die Verbraucherzentrale Sachsen. Und auch die wöchentliche Gemüsekiste vom Biobauern können Kunden nicht einfach zurückschicken.

Damit beim Versand nichts schiefgeht, wird kühlpflichtige Ware wie Fleisch und Molkereiprodukte in speziellen Verpackungen mit Kühlpads oder Trockeneis geliefert, erklärt Christian Böttcher. Dafür verlangen die Anbieter oft ein Pfand. Ansonsten kostet eine Lieferung je nach Anbieter etwa drei bis sieben Euro, erklärt der Experte. Wer sich bei der Lieferung nach dem Zeitfenster des Anbieters richtet und keinen Wunschtermin angibt, kann aber meistens noch ein paar Euro sparen. Und ab einem bestimmten Einkaufswert ist die Lieferung oft sogar komplett kostenlos.

Ein Zwischenmodell zwischen klassischem Supermarkteinkauf und Versandhandel ist die Möglichkeit, die Ware vorher im Netz auszuwählen und dann in der Filiale an einer Art Drive-in-Schalter abzuholen. In den USA gibt es außerdem die Möglichkeit, fertig gepackte Pakete direkt in einem der Logistikzentren für den Versandhandel einzusammeln. In Deutschland besteht dafür aber vermutlich kein Bedarf: Nach Angaben von Christian Böttcher ist die Ladendichte hierzulande vergleichsweise groß. Das sei auch mit ein Grund, warum der Onlinehandel mit Lebensmitteln bisher nur wenige Verbraucher interessiert.

Aus ökologischen Gründen ist es grundsätzlich sogar besser, sich mit Lebensmitteln beliefern zu lassen. Das haben Forscher der Universität von Washington herausgefunden. Der Grund: Während einzelne Kunden mit ihrem Auto jeweils zum Laden und dann wieder zurückfahren, macht der Lieferlaster eine Rundtour. Die umweltschädlichen CO2-Emissionen würden so im Schnitt um die Hälfte reduziert. Würden sich alle Kunden auf einen Liefertermin einlassen, der für die Tourplanung optimal ist, könnte der Ausstoß sogar um bis zu 80 Prozent sinken.

Allerdings gilt das natürlich nur für Verbraucher, die mit dem Auto zum Supermarkt fahren. Wer üblicherweise zu Fuß oder mit dem Fahrrad einkauft, vergrößert seinen ökologischen Fußabdruck durch das Onlineshopping. Hinzu kommt, dass durch den Transport mehr Verpackungsmaterial anfällt.