Podcast: Die vernachlässigte Schwester des Blogs
Berlin (dpa) - Auf der Bühne 10 der Internet-Konferenz Republica sitzen fünf Frauen und diskutieren. Frauen als Rednerinnen auf einer Netzkonferenz - das alleine ist schon bemerkenswert.
Doch worüber sie sprechen, ist noch bemerkenswerter: Podcasts. Dieses vermeintliche Nischenprodukt für männliche Technik-Nerds. Selbstproduzierte Radiosendungen, die im Internet verbreitet werden. „Die vernachlässigte Schwester des Blogs“, sagt Podcasterin Claudia Krell, die ebenfalls in Berlin zu dem Thema spricht.
Während YouTube zehn Jahre nach dem Start heute Stars produziert und sich zu einer Konkurrenz der etablierten TV-Sender entwickelt hat, schaffen die Podcaster bislang nicht den Weg aus der Nische. „Das Versprechen, dass Podcasts innovativ, experimentierfreudig und vielfältig sind, haben wir nicht eingelöst“, gibt Krell zu. „Wir hängen der Zukunft hinterher.“ Geht es nach ihr, sollen die Podcasts bald trotzdem die durchgetakteten Programme der Radiosender ablösen. Doch tatsächlich sind die Angebote der professionellen Sender momentan noch deutlich präsenter.
Weil so viele Männer Podcast zu Technikthemen anbieten, sei die Zielgruppe eingeschränkt, lautet eine Erklärung für das mäßige Interesse. Dass dieses Klischee überholt ist, will die offene Liste „Frauenstimmen im Netz“ beweisen. Etwa 160 weibliche Podcasts sind momentan dort aufgelistet. Der feministische „Lila Podcast“ von Katrin Rönicke ist dabei. Genauso wie Tine Nowak mit dem Podcast „Kulturkapital“. Manche erreichen bis zu 10 000 Hörer - für Podcasts eine hohe Zahl.
Auf der Bühne wird nach Antworten gesucht. Warum läuft es so schleppend? „Was wir da tun, ist schwierig“, meint Podcasterin Sarah Geser. „Wir versuchen, aus etwas unglaublich Langweiligem - dem Leben - etwas Glänzendes herauszuholen.“ Leider gelingt das nicht immer. Zu oft sitzen die Gäste beieinander und plaudern ohne klares Ziel, das Gespräch plänkelt dahin. Als Laber-Podcasts werden diese Beiträge gerne bezeichnet.
Wer dennoch zuhört, bleibt häufig im Verborgenen. Denn Podcasts werden nur selten in Sozialen Netzwerken geteilt oder nach dem Hören kommentiert. Ein 15 Sekundenvideo aus YouTube schmückt die eigene Timeline eben viel besser und leichter, als ein Zwei-Stunden-Podcast. „Man weiß nie, wer da draußen ist und zuhört“, sagt Podcasterin Nowak.
Für Krell ist das der entscheidende Punkt an dem sie ansetzen will, um Podcast zukunftsfähig zu machen. „Eigentlich haben wir die besten Voraussetzungen“, meint sie. Per Klick soll in Zukunft der Podcast kommentiert werden. Findet der Hörer eine Stelle lustig, markiert er sie und schon sieht das jeder - und kann bis zur entsprechenden Stelle vorspulen. Das gleiche gilt, wenn dem Hörer eine Stelle nicht passt. Mehr Interaktivität in einem interaktiven Medium also - das klingt schon fast zu naheliegend.
Um den Schritt in den Mainstream wirklich zu schaffen, müssen die Podcasts aber erste einmal aus ihrer Nische raus. Mit relevanten Themen und kreativen Ideen. Die fünf Frauen auf der Bühne zeigen mit ihrer Arbeit, dass das nicht bloß Zukunftsmusik ist.