Republica: Arbeiten im Netz kann „Face to face“ nicht ersetzen
Berlin (dpa) - Die Internet-Konferenz Republica widmet sich an ihrem zweiten Tag den Trends für das Leben im Netz. Dazu gehören auch Lifestyle-Blogs aus dem privaten Wohnzimmer.
Die Arbeitswelt der Zukunft wird nach Einschätzung von Experten virtuelle Orte mit realen Räumen verknüpfen - so das Fazit einer Diskussionsrunde auf der Internet-Konferenz Republica (6. bis 8. Mai). „Home-Office ist wie Cabrio-Fahren“, sagte der Blogger („HermsFarm“) und Buchautor Markus Herrmann am Mittwoch (7. Mai) in Berlin. „Ich muss nicht immer mit offenem Dach fahren, aber es ist schön, wenn man es hat.“
Künftig werde sich das Arbeiten mehr als bisher nach der Art der jeweiligen Aufgabe richten, sagte Jennifer Beecher vom Internet-Musidienst Soundcloud. Es werde immer Situationen geben, bei denen das Arbeiten „face to face“ sinnvoll sei. Auch das Arbeiten im Netz verändere sich, sagte Microsoft-Manager Thorsten Hübschen. Vor fünf Jahren sei es vor allem darum gegangen, auch zuhause für den Chef immer erreichbar zu sein. „Jetzt haben wir den nächsten Schritt, dass wir flexibler internationale Teams bilden, die themenzentriert zusammenarbeiten.“
Große Unternehmen nutzen die Republica, um Trends der Netzszene aufzuspüren und sich mit ihren Themen einzubringen. Microsoft wolle sich auch auf diesem Forum der Diskussion stellen, sagte Firmensprecher Thomas Mickeleit. Die Unternehmen zahlen hohe Beträge, um sich auf der Konferenz zu präsentieren.
Ein großer Teil der 6000 Teilnehmer sieht dieses Engagement aber auch kritisch. In einer Gesprächsrunde über das Interesse der Werbebranche an den sozialen Medien sagte der Journalist und Blogger Martin Giesler, sich im Netz als Markenbotschafter zu präsentieren, sei nicht ohne Risiko. Es gebe die Gefahr, dass das öffentliche Leben dann mit den Interessen eines Produktherstellers verschmelze: „Das ist für die Werbeindustrie ein gefundenes Fressen.“
Vor allem Frauen beteiligten sich an einer Runde über Lifestyle-Blogs - Internet-Auftritte, die das private Leben darstellen. Das könne bis zum „Lifestyle Porn“ reichen, sagte die Münchener Bloggerin Stephanie Wißmann, denn der Einblick in Küche und Wohnzimmer bewege sich immer „im Spannungsfeld zwischen Narzissmus, Voyeurismus und Exhibitionismus“.
Die Runde lotete die Grenzen aus, etwa beim Zeigen der eigenen Kinder im Netz, und stellte die These in Frage, dass Lifestyle-Blogs „Intimität ohne Mundgeruch“ bieten würden. Allerdings wandten sich die Teilnehmerinnen auch gegen feste Regeln, die dann in einem Blogger-Kodex Eingang finden könnten. Die Berliner Bloggerin Lotte von Bausznern sagte: „Die Blogosphäre lebt von der Freiheit!“
Die größte Konferenz von Netzaktivisten in Deutschland hatte am Dienstag mit der Forderung nach Asyl für den ehemaligen US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden in Deutschland begonnen. Unter dem Motto „Into the Wild“ thematisieren die insgesamt 350 Vorträge, Workshops und Diskussionsveranstaltungen noch bis Freitag sämtliche Facetten an der Schnittstelle zwischen Internet und Gesellschaft.